Hinrichtungen in Saudi-Arabien: „Signal der Abschreckung Richtung Iran“
Opfer einer Massenexekution in Saudi-Arabien waren vor allem Schiiten. Einigen wurde Spionage für den Iran vorgeworfen. Wie wird Teheran reagieren?
Fast alle Opfer einer Massenexekution in Saudi-Arabien gehörten Aktivisten zufolge der schiitischen Minderheit an. Am Dienstag hatte das erzkonservativen Königreich 37 Menschen hingerichtet. Von ihnen seien mit Sicherheit 33 Schiiten gewesen, sagte der Forscher Adam Coogle von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Die Männer waren der „Bildung terroristischer Gruppen" schuldig befunden worden.
Die Schiiten im Osten Saudi-Arabiens klagen seit langem über Benachteiligung durch die sunnitische Führung in Riad. Die Regierung wiederum verdächtigt die religiöse Minderheit, mit dem Iran zu sympathisieren. Im Januar 2016 führte die Hinrichtung von 47 Männern - darunter der prominente schiitische Geistliche Nimr al Nimr - zu heftigen Protesten im Iran, woraufhin Riad seine Beziehungen zu Teheran abbrach.
Ein klares Signal der Abschreckung Richtung Iran
Die Massenhinrichtungen zeigen Experte Guido Steinberg zufolge zum einen, dass Kronprinz Mohammed bin Salman nach wie vor fest im Sattel sitzt. „Das ist nach dem Mord am Regimekritiker Jamal Khashoggi keine Selbstverständlichkeit“, sagt der Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik im Gespräch mit dem Tagesspiegel.
Frieden und Freunde schafft sich der saudische Despot so nicht. Solche Gewaltakte waren noch nie ein Zeichen der Stärke, sondern eher der Schwäche!
schreibt NutzerIn Xochipilli
Zum anderen seien die Exekutionen ein klares Zeichen der Abschreckung Richtung schiitischer Minderheit und deren Schutzmacht Iran. „Der Spionagevorwurf gegen einige der Verurteilten soll Teheran unmissverständlich klarmachen, dass Saudi-Arabien keinerlei Proteste gegen das Königshaus duldet und den Iran für derartige Aktivitäten verantwortlich macht.“
Wie wird Teheran reagieren?
Nach Steinbergs Einschätzung wird die Führung in Teheran die Massenhinrichtungen vermutlich nicht auf sich beruhen lassen. „Das Repertoire möglicher Gegenmaßnahmen reicht von Exekutionen angeblicher saudischer Agenten über Anschläge auf saudisches Personal weltweit und bis hin zu Angriffen pro-iranischer Gruppen in der Golfregion.“
Nach den jüngsten Massenexekutionen warf der Iran denn auch den USA vor, kein Wort zum Vorgehen seines Verbündeten Saudi-Arabien zu verlieren. „Nachdem sie die Augen vor der Zerstückelung eines Journalisten geschlossen hat, gibt es kein Wort der Trump-Regierung, da Saudi-Arabien an einem Tag 37 Männer enthauptet – und sogar einen kreuzigt, zwei Tage nach Ostern", schrieb Außenminister Mohammed Dschawad Sarif auf Twitter. Eines der Hinrichtungsopfer vom Dienstag war anschließend noch gekreuzigt worden.
Die USA halten zum Königreich
Sarif spielte in seinem Tweet auch auf die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im Konsulat seines Landes in Istanbul an. Trotz Hinweisen, dass der mächtige Kronprinz Mohammed bin Salman hinter dem Mord Anfang Oktober steckte, hat US-Präsident Donald Trump Sanktionen gegen den ölreichen Wüstenstaat abgelehnt.
Auch Amnesty International hatte die Massenhinrichtung kritisiert. „Es ist ein weiteres, grauenvolles Anzeichen dafür, wie die Todesstrafe als politisches Instrument missbraucht wird“, hieß es von der Menschenrechtsorganisation.
Unter den Hingerichteten seien elf Männer, die wegen Spionage für den Iran verurteilt worden seien, berichtete Amnesty. Mindestens 14 weitere Personen seien wegen ihrer Teilnahme an Anti-Regierungsprotesten im Osten Saudi-Arabiens in den Jahren 2011 und 2012 verurteilt worden. Zu den Verurteilten zählte demnach auch ein junger Mann, der zum Zeitpunkt der Proteste erst 16 Jahre alt war. Nach internationalem Recht ist die Todesstrafe gegen Minderjährige verboten, wie Amnesty betonte. (mit AFP und dpa)