Suche nach Terroristen: Sicherheitsbehörden befürchten Serie von Anschlägen wie in Paris
Polizei und Nachrichtendienste vermuten, der "Islamische Staat" habe die Anschläge in Paris als Auftakt für weitere Angriffe geplant - auch in Deutschland.
Knapp drei Wochen nach den schweren Anschlägen in Paris droht eine zweite Angriffswelle – die auch Deutschland treffen könnte. Vermutlich seien Islamisten unterwegs, die wieder in der französischen Hauptstadt oder in einem der nördlichen Nachbarstaaten zuschlagen wollen, hieß es am Mittwoch in Sicherheitskreisen. „Die Gefahr ist keineswegs vorbei“, sagte ein Experte. Polizei und Nachrichtendienste befürchten, die Terrormiliz „Islamischer Staat“ habe von vornherein mehrere Aktionen geplant. „Paris könnte der Auftakt gewesen sein“, war zu hören.
Bei der Suche konzentrieren sich die Behörden nicht nur auf mutmaßlich entkommene Täter und Hintermänner der Anschläge vom 13. November. Gesucht werde auch nach Terrorverdächtigen, die womöglich ohne direkten Bezug zum Angriff in Paris Attentate in Frankreich, Deutschland oder einem weiteren Nachbarstaat planen, sagten Sicherheitskreise. Polizei und Nachrichtendienste beunruhigt vor allem, dass einer der mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge in Paris, der Belgier Salah Abdeslam, immer noch nicht gefasst ist.
Der Islamist soll den Wagen beschafft haben, mit dem am Abend des 13. November ein Terrorkommando zur Konzerthalle Bataclan fuhr. Die Terroristen töteten dort 89 Menschen. Abdeslam entkam vermutlich nach Belgien. Von dort könnte er nach Deutschland weitergereist sein, sagen Sicherheitsexperten. Abdeslam war bereits im Herbst nach Erkenntnissen der Behörden in einem Fahrzeug mit belgischem Kennzeichen durch Bayern nach Österreich gelangt. Dort wurden er und sein Beifahrer kontrolliert, die Polizei hatte aber nichts zu beanstanden.
Kurz nach Paris geriet Nordrhein-Westfalen in den Fokus
Es sei nicht auszuschließen, dass Abdeslam jetzt in Nordrhein-Westfalen untergetaucht sei, sagte ein Experte. Anlass für den Verdacht sind mutmaßliche Kontakte eines weiteren Drahtziehers der Anschläge in Paris, Abdelhamid Abaaoud. Der belgische Islamist war am 18. November bei einer Razzia der Polizei im Pariser Vorort Saint-Denis ums Leben gekommen. Die deutschen Behörden konnten rekonstruieren, dass Abaaoud im Januar 2015 vom Airport Köln-Bonn nach Istanbul geflogen war. 2008 hatte er in Köln ein Ausfuhrkennzeichen für ein größeres Fahrzeug beantragt. Offen bleibt, ob Abaaoud damals oder auch in diesem Jahr Kontakt zu militanten Salafisten in der Region hatte. Vor allem die Szene in Bonn gilt als gefährlich. Im Dezember 2012 hatte ein Islamist am Bonner Hauptbahnhof eine Sporttasche abgestellt, in der sich ein Sprengsatz befand. Die Bombe explodierte jedoch nicht.
Schon wenige Tage nach dem Terrorangriff in Paris hatte die Polizei in Nordrhein-Westfalen gehofft, sie könne den flüchtigen Salah Abdeslam nahe Aachen erwischen. Am 17. November wurden in Alsdorf sieben Personen festgenommen, doch der Terrorverdacht bestätigte sich nicht. Die fünf Männer und zwei Frauen kamen wieder frei. Am selben Abend gab es jedoch gleich den nächsten Terroralarm in Deutschland. Die Polizei sagte in Hannover kurzfristig das Länderspiel Deutschland – Niederlande ab. Ein ausländischer Nachrichtendienst hatte vor mehreren Anschlägen mit Sprengstoff gewarnt. Behördenintern war der Geheimdienst Frankreich zugeordnet worden, doch die Informationen kamen aus Israel. Mit der falschen Etikettierung des Hinweisgebers sollte offenbar vermieden werden, dass die Medien über Kontakte zu den deutschen Sicherheitsbehörden den wahren Hintergrund mitbekamen. Die israelischen Nachrichtendienste sind offenbar noch empfindlicher als Kollegen in anderen Ländern, wenn bei Partnerdiensten die Weitergabe vertraulicher Informationen an die Öffentlichkeit vermutet wird.
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