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Albaniens Regierungschef Rama, Serbiens Präsident Vucic und Nordmazedoniens Premierminister Zaev (v.l.n.r.) vergangene Woche im serbischen Novi Sad.
© AFP

Kooperation im Westbalkan: Serbien, Albanien und Nordmazedonien schaffen „Mini-Schengen"

Ab 2021 soll es einen „Mini-Schengenraum“ zwischen Albanien, Nordmazedonien und Serbien geben. Darauf einigten sich die drei Länder.

Einige Länder des Westbalkans, die zukünftig Teil der EU sein wollen, haben beschlossen, ihre regionale Zusammenarbeit durch die Bildung einer „Mini-Schengenzone“ voranzutreiben. Darauf einigten sich Albanien, die Republik Nordmazedonien und Serbien vergangene Woche.

Die Idee, dass die Länder des westlichen Balkans einander näher kommen, wurde erstmals auf einem Regionalgipfel 2017 in Triest vorgestellt, als die Staats- und Regierungschefs der beteiligten Staaten einen Aktionsplan für einen regionalen Wirtschaftsraum vereinbarten.

Die Ministerpräsidenten Albaniens und Nordmazedoniens, Edi Rama und Zoran Zaev, trafen sich in der vergangenen Woche im nordserbischen Novi Sad mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic und unterzeichneten dort eine Absichtserklärung, um den freien Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital zwischen den drei Ländern einzuführen.

Dieses „Mini-Schengen“ soll 2021 offiziell starten. Dann könnten alle Bürgerinnen und Bürger der Länder die Grenzen der Nachbarn frei überqueren, wie Vucic es ausdrückte. „Allerhöchstens“ sei die Vorlage eines Personalausweises nötig, sagte er.

Die Initiative stehe auch den übrigen Westbalkanstaaten offen, betonten die drei Staats- und Regierungschefs. Sie forderten Bosnien-Herzegowina, Montenegro und das Kosovo auf, sich ihnen anzuschließen. Daher werde in der entsprechenden Vereinbarungserklärung auch konsequent von „den sechs Westbalkanstaaten“ gesprochen, betonte Rama.

Kosovo soll nicht zum Zankapfel werden

Auch Serbiens Staatschef Vucic erklärte, dass die restlichen drei Staaten zum „Mini-Schengen“ eingeladen würden, unabhängig von den Meinungsverschiedenheiten bezüglich des Kosovo. Er sagte weiter, Serbien wolle gute Beziehungen aufbauen und Verwaltungsbarrieren in der Region abbauen. Der Streit um das Kosovo stünde aber dem freien Handel und der generellen Freizügigkeit nicht entgegen.

Das Kosovo hatte vor elf Jahren seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Bislang wird der neue Staat von Serbien und Bosnien-Herzegowina sowie fünf der 28 EU-Mitgliedstaaten und fast der Hälfte der UN-Mitglieder nicht anerkannt.

Alle Länder des Westbalkans haben eine EU-Mitgliedschaft zum Ziel, wobei sie sich allerdings in äußerst unterschiedlichen Phasen befinden. Bisher sind Montenegro und Serbien die einzigen Länder der Region, die offizielle Beitrittsverhandlungen aufgenommen haben. Die EU-Kommission hatte im Mai die Aufnahme der Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien empfohlen.

Zusammenschluss als vorläufige EU-Alternative

Regionale Zusammenarbeit und gutnachbarschaftliche Beziehungen sind Teil der Voraussetzungen für die EU-Mitgliedschaft, ebenso wie die Übernahme des Gesetzes-„Acquis“ der EU und eine weitere Stärkung der Wirtschaft. Zaev betonte in diesen Zusammenhang, dass es nie ein Problem gewesen sei, mit den EU-Partnern zu sprechen. Es sei nun aber höchste Zeit, dass die Länder in der Region auch „etwas im eigenen Interesse“ tun. „Die EU ist immer willkommen, aber diese Initiative konzentriert sich auf die Interessen der Länder der Region,“ sagte der nordmazedonische Premier.

[Erschienen bei EurActiv. Der Tagesspiegel und das europapolitische Onlinemagazin EurActiv kooperieren miteinander. Übersetzung: Tim Steins. Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins.]

Auch Rama wies darauf hin, dass die Initiative ohne Einfluss aus Brüssel durchgeführt worden sei. Schließlich sei es in der gesamten Region notwendig, „das Tempo und die Dynamik der Entwicklung“ zu beschleunigen. „Unser Ziel ist es, Teil der größeren europäischen Familie zu sein. Aber während sie [DIE EU] ihre Schwierigkeiten haben, dürfen wir uns nicht von der Vergangenheit oder gewissen Meinungsverschiedenheiten aufhalten lassen,“ sagte Albaniens Regierungschef. Ihm sei klar: „Wir sind nicht die Priorität der EU. Deswegen müssen wir selbst Prioritäten setzen, und zwar nicht nur zwischen unseren drei Staaten, sondern zwischen allen sechs Ländern [des Westbalkans].“

Das nächste Treffen der drei Staaten ist für den 10. November am nordmazedonischen Ohrid-See geplant, bei dem die konkretesten Maßnahmen zur Realisierung des „Mini-Schengenraums“ vorgestellt werden sollen.

Kein neues Jugoslawien

Serbiens stellvertretende Ministerpräsidentin Zorana Mihajlovic unterstrich derweil, das neue Abkommen stelle weder einen Ersatz für die angestrebte EU-Mitgliedschaft noch die Schaffung eines neuen Jugoslawiens dar. Nach ihren Angaben ist die Erklärung der drei Länder vielmehr ein Beweis dafür, dass Albanien, Nordmazedonien und Serbien ein unveräußerlicher Teil eines vereinten Europas seien. Dies sei und bleibe das vorrangige Ziel aller Länder des westlichen Balkans.

Die Generalsekretärin der Europäischen Bewegung in Serbien, Suzana Grubješic, begrüßte die Einigung als einen guten Weg für die Umsetzung der vier EU-Freiheiten in einem Teil des Westbalkans. „In einer Situation, in der die EU mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hat und wahrscheinlich die Aufnahme von Verhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien aufschieben wird, ist es wichtig, solche Initiativen zu unterstützen, weil sie dazu beitragen, einen freieren und stabileren Westbalkan zu schaffen,“ sagte Grubješic EurActiv Serbien.

Kritik kam dagegen von der Präsidentin der nordmazedonischen Handelskammer, Daniela Arsowska. Ihrer Meinung nach braucht das Land vor allem Strukturreformen für den EU-Beitritt und kein „Mini-Schengen“ mit Serbien und Albanien. Letzteres könne sogar zu außenpolitischer Isolation führen.

„In einer Zeit, in der wir unter Vorbehalt kurz vor dem Nato-Beitritt stehen und die Aussicht haben, Verhandlungen mit der EU aufzunehmen, ist es eine wirklich seltsame Idee, eine wirtschaftliche ’illegale Struktur’, ein solches ’Mini-Schengen’ mit Serbien einzugehen, das in der Außenpolitik ganz andere Positionen einnimmt als Mazedonien. Das gilt insbesondere mit Blick auf den Beitritt zum euro-atlantischen Verteidigungsbündnis“, monierte Arsowska.

Sie verwies damit auf die engen Beziehungen Serbiens zu Moskau und die Entscheidung Belgrads, nicht der Nato beitreten zu wollen. Das Bündnis hatte das Land im Jahr 1999 bombardiert, um die serbischen Aktionen gegen ethnische Albaner im Kosovo zu stoppen.

Julija Simic

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