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Debatte über Erbschaftsteuer: Selbstentmachtung der Länder

Die Erbschaftsteuer fließt zwar den Ländern zu. Aber um die Reform müssen sich Bundesregierung und Bundestag kümmern. Die Zurückhaltung des Bundesrats ist ein Fehler. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Vier Steuerarten kennen wir bei uns: Gemeinschaftssteuern, Bundessteuern, Ländersteuern, Gemeindesteuern. Da das Steuerzahlen Teil der deutschen Leitkultur ist, gehört das Thema eigentlich in jeden Integrationskurs. So wie der Föderalismus, zu dessen Merkmalen auch ein gewisses Maß an Länderautonomie zählt. Wie aber erklärt man Zuwanderern dann die Geschichte mit der Erbschaftsteuer?

Die ist eine Steuer der Länder, alle Einnahmen fließen in deren Etats. Seit Monaten quälen sich aber nicht Bundesrat, Ministerpräsidenten, Länderfinanzminister und Landtage mit der Neuregelung der Besteuerung von Unternehmenserben. Sondern der Bundesfinanzminister und die Koalitionsfraktionen im Bundestag. Wolfgang Schäuble hat zwar nach dem Karlsruher Urteil, das man umsetzen muss, in den Ländern nachgefragt, ob man nicht selber aktiv werden möchte. Doch die lieben Kollegen lehnten ab. Steuergesetzgebung findet zwar, das stimmt schon, praktisch nur auf Bundesebene statt. Aber als federführender Bundesgesetzgeber darf auch die Länderkammer ran.

Kritik aus den Ländern kam schnell

So aber musste Schäuble einen Gesetzesvorschlag machen. Kaum war der im Frühjahr auf dem Markt, meldeten sich die Länderfinanzminister und kritisierten dies, bemängelten das, lehnten ab, hielten dagegen. Unterfüttert durch die vielfältigen Erfahrungen der Finanzverwaltung, welche bekanntlich Ländersache ist. Mittlerweile ist der Entwurf im Bundestag, wo ausgerechnet die SPD-Parteilinke Cansel Kiziltepe und der denkbar unternehmerfreundlichste CDU-Mann, Christian von Stetten, sich darum kümmern. Da sind sich Norbert Walter-Borjans und Markus Söder näher. Das Ergebnis ist bislang mager. Schon heißt es, nur die Fraktionsspitzen könnten die Sache retten. Oder halt die Koalitionsspitzen. Die Ministerpräsidenten nicken dann ab.

Es wäre einfacher gegangen. Die Länder mit ihrer geballten Sachkunde aus dem Steuervollzug hätten einen Vorschlag machen können, bei einer rot-grünen Bundesratsmehrheit wäre da schon etwas gegangen. Bayern , wo man gern über Steuerregionalisierung redet, weil sie eh nicht kommt, hätte sich, wie üblich, zum Kompromiss bereit gefunden. Jetzt aber laufen die Länder Gefahr, steuerpolitisch endgültig den Faden zu verlieren. Denn was wäre, wenn der Bundestag auf die Idee käme, die Erbschaftsteuer zur Bundessteuer zu machen? Warum soll er sich schließlich abmühen, wenn der Bund keinen Cent bekommt? Den Ländern blieben Bier-, Lotterie-, Grunderwerbsteuer. Letztere würde auch gut zu den Kommunen passen, welche schon die Grundsteuer einnehmen. Am Ende der steuerpolitischen Selbstentmachtung der Länder stünde dann der Verzicht auf die Finanzverwaltung.

Der Text erschien auch in der "Agenda" vom 8. Dezember 2015 - einer Publikation des Tagesspiegels, die jeden Dienstag erscheint. Die aktuelle Ausgabe können Sie im E-Paper des Tagesspiegels lesen.

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