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Erbschaftsteuer wird reformiert.
© imago/Eibner

Erbschaftsteuer: Eine Frage von Glück und Gerechtigkeit

Die Regierung hat eine Reform der Erbschaftsteuer für Unternehmer beschlossen. Die können sich nicht beklagen. Doch zu viel Druck für weitere Zugeständnisse dürfte bald zu Gegendruck führen. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Albert Funk

Dass die Reform der Erbschaftsteuer bei Unternehmensübergaben nicht einfach werden würde, war klar. Das liegt zum einen an der komplexen Materie, zum anderen an der Konstellation in der Koalition und zum dritten an der Macht der Unternehmerverbände. So wurde der recht konzise erste Ansatz von Finanzminister Schäuble vom Februar bereits in der Juni-Fassung verwässert. Das ging vor allem auf den Druck aus der CSU zurück, die sich als Stimme der Unternehmerverbände sieht, vor allem der Familienunternehmen und des Handwerks. Um die widerstrebenden Positionen von CSU und SPD zu bedienen, ist der Entwurf, der jetzt ins Kabinett kommt, noch einmal komplizierter und kleinteiliger geworden. Und das eindeutige Gebot des Bundesverfassungsgerichts, dass Erben großer Betriebsvermögen nur dann von der Steuer verschont werden können, wenn sie sich zuvor einer Bedürftigkeitsprüfung unterziehen, ist durch die Lösung vom Juni schon unterhöhlt worden. Denn jetzt gibt es auch die Möglichkeit, ohne diese Prüfung (die natürlich auf eine Offenbarung sämtlicher Vermögensverhältnisse hinaus läuft) zumindest zu einer relativ generösen, wenn auch nicht kompletten Steuerverschonung zu kommen. Dass die Erbschaftsteuer das eine oder andere Unternehmen durchaus in Schwierigkeiten bringen kann, ist nicht von der Hand zu weisen. Doch dafür gibt es das Mittel der Steuerstundung.

Ungleich verteiltes Glück

Die Erbschaftsteuer hat ihre Rechtfertigung darin, dass sie das ungleich verteilte Glück in einer Gesellschaft ein bisschen ins Lot bringen kann. Wer durch die Gnade der Geburt in eine wohlhabende Unternehmerfamilie mehr materielles Glück hat als die Kinder ärmerer Eltern, der soll von diesem nicht selbst verdienten Reichtum etwas abgeben. Daran haben einige der Verfassungsrichter in einem Minderheitsvotum deutlich erinnert. Wer das Unternehmen weiterführt, also dann selbst als erfolgreicher Unternehmer auftritt, Arbeitsplätze schafft oder sichert, der kann nach einigen Jahren eine Steuerverschonung bekommen. Das ist grundsätzlich in Ordnung, doch ist in dem neuen Entwurf der Regierung, den das Kabinett nun am Mittwoch beschlossen hat, dieses Arbeitsplatzerfordernis schon sehr unternehmerfreundlich ausgefallen.

An die große Reform hat die große Koalition sich nicht gewagt, sie bleibt im alten Raster: einerseits hohe Steuersätze bis zu 50 Prozent, andererseits großzügige Ausnahmemöglichkeiten unter akzeptablen Bedingungen. Von den Gestaltungsmöglichkeiten, die findige Steuerberater hier entdecken können, ganz zu schweigen. Je mehr Schäubles Entwurf nun jedoch auf Druck aus der Unternehmerecke noch verändert wird, umso mehr wird der Druck wachsen, irgendwann die andere Möglichkeit anzugehen: geringere Steuersätze, keine Ausnahmen. Ob die Betriebserben damit besser fahren würden, ist nicht sicher.

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