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Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) reiste schon öfters nach Moskau. Hier steht er 2011 auf dem Roten Platz in Moskau vor der St. Basilius Kirche.
© dpa

Moskau-Reise des CSU-Chefs: Seehofers demonstrative Abgrenzung von der Kanzlerin

CSU-Chef Horst Seehofer trifft den russischen Präsidenten und will sich für „vernünftige wirtschaftliche Beziehungen“ einsetzen. In der CDU wird dahinter ein bewusster Affront gegen die Kanzlerin vermutet.

Den Termin für das Treffen in Moskau hat offenbar jemand ausgewählt, der einen Sinn für Symbolik hat. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) trifft den russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin am Donnerstag, dem dritten Jahrestag des umstrittenen Referendums auf der ukrainischen Halbinsel Krim. Deren Annexion durch Russland, die international als völkerrechtswidrig betrachtet wird, und die russische Intervention in der Ostukraine hatten zu einer massiven Verschlechterung im Verhältnis zwischen Moskau und dem Westen geführt. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die deshalb verhängten Sanktionen gegen Russland so lange in Kraft lassen will, bis das Minsker Abkommen umgesetzt ist, plädiert Seehofer in demonstrativer Abgrenzung von der Kanzlerin für eine Kursänderung.

So sprach sich Seehofer kürzlich dafür aus, noch in diesem Jahr die Sanktionen gegen Moskau zu beenden und Russland wieder in den Kreis der G8, der wichtigsten Industriestaaten der Welt, aufzunehmen. Trotz unterschiedlicher Standpunkte müsse man sich um „vernünftige wirtschaftliche Beziehungen“ mit Moskau bemühen. Seehofer plädierte im Verhältnis zu Russland für „Realpolitik statt Säbelrasseln“. In der Schwesterpartei CDU werden solche Äußerungen kritisch gesehen, zumal dahinter ein bewusster Affront gegen die Kanzlerin vermutet wird. Selbst in seiner eigenen Partei findet Seehofer mit seiner Forderung nach einem baldigen Ende der Sanktionen nicht unbedingt Zustimmung. So hatte die CSU-Landesgruppe im Bundestag wenige Wochen vor Seehofers Äußerungen betont, ein Ende der Strafmaßnahmen sei von der „Rückkehr Russlands auf den Boden des Völkerrechts abhängig“.

Der CSU-Chef geht mit seiner Forderung sogar weiter als die Sozialdemokraten, die bisher einen eher konzilianten Kurs gegenüber dem Kreml vertraten. Als Wirtschaftsminister hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel einen schrittweisen Abbau der Sanktionen ins Gespräch gebracht. Seit Gabriels Amtsantritt als Außenminister sind von ihm derartige Forderungen nicht mehr zu hören. Er sprach sich vielmehr für eine Beibehaltung der Sanktionen aus und lieferte sich bei seinem Besuch in Moskau sogar ein kleines Wortgefecht mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow.

In Moskau weiß man Seehofers Haltung zu schätzen

Schon vor seiner letzten Moskau-Reise im Februar 2016 hatte Seehofer für eine Lockerung der Sanktionen plädiert. Nach seinem Treffen mit Putin sprach er in Anspielung auf den Krieg in der Ukraine von „Schießereien“, die „nicht gut“ seien. Außerdem betonte Seehofer, es sei „nobel“ von Putin, dass dieser sage, er mische sich nicht in die deutsche Flüchtlingspolitik ein. Unvergessen ist auch, wie Seehofer sich bei Putin über „Lügen und Unwahrheiten“ im Vorfeld seiner Reise beklagte – und damit die Kritik in Deutschland an seinem Moskau-Besuch meinte.

In Moskau weiß man Seehofers Haltung offenbar ebenso zu schätzen wie seine gelegentlich offen zutage tretende Distanz zu Merkel. Dass Putin einen deutschen Ministerpräsidenten empfängt, ist die große Ausnahme. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), der noch bis diesen Mittwoch ebenfalls in Moskau ist, hatte keinen Termin beim Präsidenten.

Seehofer wird auch bei diesem Treffen mit Putin vom früheren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber begleitet. Der CSU-Ehrenvorsitzende ist seit Jahren im Präsidium des Deutsch-Russischen Rohstoff-Forums und setzt sich für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern ein. Mit nach Moskau reisen außerdem Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle und Landwirtschaftsminister Helmut Brunner sowie eine große Delegation aus Wirtschaft und Wissenschaft. „Gerade in schwierigen Zeiten müssen wir miteinander reden und nicht übereinander“, sagte Seehofer. In der Reiseankündigung heißt es, Ziel sei es, „die „Beziehungen zwischen Bayern und Russland“ zu verbessern.

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