Mordfall Susanna: Seehofer und die Festnahme im Nordirak
Die rasche Festnahme das Tatverdächtigen für den Mord an Susanna nimmt Druck von den Politikern. Doch die meisten Fragen sind noch immer offen.
Horst Seehofer steht hinter dem Mikrofonpult und wartet auf seinen Auftritt, als auf seinem Handy eine Botschaft aufploppt. Bei der Nachricht, die er daraufhin verkünden kann, dürfte dem Bundesinnenminister ebenso leichter ums Herz geworden sein wie den Länder-Kollegen, mit denen er sich am Freitag in Quedlinburg traf: Der Hauptverdächtige im Mordfall Susanna ist gefasst. Nachts um zwei Uhr, trägt Seehofer vor, haben kurdische Sicherheitskräfte den 20-jährigen Ali B. im Nordirak festgesetzt. Dorthin hatte sich der mutmaßliche Täter mitsamt seiner Familie vor einer Woche aus der Mainzer Flüchtlingsunterkunft abgesetzt, in der sie bis dahin lebten. Die Bundespolizei hatte die kurdischen Kollegen um Fahndungshilfe gebeten.
Der ebenso unerwartete wie schnelle Erfolg nimmt einigen Druck von den Verantwortlichen. Für die Angehörigen des 14-jährigen Mädchens, das Opfer dieses furchtbaren Verbrechens geworden sei, sei das natürlich kein Trost, sagt Seehofer, aber ihm sei die Botschaft wichtig, „dass Gott sei Dank sich niemand, egal an welcher Stelle dieser Erde, sicher fühlen kann.“ Die Auslieferung müsse nun nach den internationalen Regeln vollzogen werden.
Tickets auf falsche Namen
Trotz dieses Erfolgs bleiben in dem Fall Fragen offen. B. war den Behörden wegen Gewaltdelikten bekannt. Die gesamte Familie B. war zudem mit echten Passersatzpapieren, sogenannten Laissez-passez-Dokumenten, aber mit Tickets auf falsche Namen unbehelligt in Düsseldorf ins Flugzeug gestiegen. Er könne sich gut vorstellen, was da jetzt für eine Stimmung in der Bevölkerung herrsche, sagt Seehofer: „Da soll jemand abgeschoben werden, das schafft der Staat nicht ...“
Mit Schlussfolgerungen hält sich der CSU-Chef aber zurück. Man müsse erst ermitteln, ob in Düsseldorf nur ein Vollzugsproblem vorgelegen habe oder ob rechtliche Grundlagen verändert werden müssten. Die Bundespolizei hatte kurz vorher erklärt, bei der Passkontrolle sei es ihren Beamten „rechtlich nicht möglich“, Papiere und Tickets abzugleichen; das sei die Aufgabe der Fluggesellschaft.
Einlenken bei den Ankerzentren
Zentrales Thema der Innenministerkonferenz in Quedlinburg war eigentlich der Streit zwischen Bund und Ländern über die geplanten „Ankerzentren“, in denen Flüchtlinge konzentriert und rasch durch ihr Asylverfahren gebracht werden sollen. Sowohl SPD- als auch CDU-regierte Länder hatten Seehofer aufgefordert, seine Vorstellungen zu präzisieren. Der Minister bot den Ländern stattdessen aber an, jeweils im Zweiergespräch individuelle Lösungen zu finden. „Ich bin ein überzeugter Föderalist, deshalb machen wir das für jedes Bundesland so, wie das Bundesland es wünscht“, sagte er.
Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) rügte zwar, dass sich die Länder ihre öffentlichen Beschwerden hätten sparen können, wenn Seehofer dieses Verfahren früher verkündet hätte. Er zeigte sich aber ebenso wie der Sprecher der unionsgeführten Länder, Lorenz Caffier aus Mecklenburg-Vorpommern, mit diesem Vorgehen prinzipiell einverstanden. Zugleich forderten die Länderminister Seehofer in einem Beschluss auf, soweit bundesweit erforderlich, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Zentren zu schaffen. Seehofer sagte zu, dass sich künftig der Bund darum kümmern wird, die für Abschiebungen nötigen Gespräche und Verfahren mit den Heimatländern abgelehnter Asylbewerber zu übernehmen. Robert Birnbaum