Nach Auflösung von Combat 18: Seehofer prüft Verbot weiterer rechtsextremer Gruppen
Der Bundesinnenminister will den Druck auf die rechtsextreme Szene erhöhen. Auf dem Polizeikongress in Berlin forderte er außerdem eine Aufstockung von Frontex.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die rechtsextreme Szene weiter unter Druck halten. Auch nach dem Verbot der Neonazi-Gruppierung Combat 18 „haben wir noch andere Vereinigungen in der Prüfung“, sagte Seehofer am Dienstag beim Europäischen Polizeikongress in Berlin. Es gehe um die „Durchsetzung des Rechtsstaats“.
Bei welchen Organisationen ein Verbot geprüft wird, ließ Seehofer offen – vermutlich will er vermeiden, dass sich eine rechtsextreme Gruppierung vorbereiten kann und belastendes Material verschwinden lässt.
Wie der Tagesspiegel am Rande des Kongresses erfuhr, hat Combat 18 bislang keine juristischen Schritte gegen das Verbot eingeleitet. Seehofer hatte den Verein, dessen Name „Kampfgruppe Adolf Hitler“ bedeutet, am 23. Januar aufgelöst. Die Polizei durchsuchte Wohnungen mutmaßlicher Mitglieder der Gruppierung in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Reaktion auf Mord an Walter Lübcke
Die Beamten beschlagnahmten unter anderem waffenartige Gegenstände, darunter mit Nägeln gespickte Baseballschläger. Das Verbot von Combat 18 war auch eine Reaktion auf den mutmaßlich rechtsextremen Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Bislang gibt es allerdings keine Beweise, dass Combat 18 etwas mit dem Attentat zu tun hatte.
Seehofer drängte in seiner Rede zudem auf eine schnelle Aufstockung von Frontex, der für den Schutz der EU-Außengrenzen zuständigen Agentur. Die Mitgliedsstaaten der EU hatten im vergangenen Jahr vereinbart, die Behörde solle bis 2027 auf 10.000 Beamte verstärkt werden. Bislang sind bei Frontex 2000 eigene Mitarbeiter sowie aus den EU-Staaten entsandte Grenzschützer tätig.
Polizei-Gewerkschaft warnt vor Überbelastung
Die Aufstockung bis 2027 sei für die Bevölkerung „ein weit entfernt liegendes Datum“, kritisierte Seehofer. „Wir werden alles tun, dass das früher erfolgt.“ Um die Grenzkontrollen innerhalb der EU überflüssig zu machen, müssten die Kontrollen an den Außengrenzen wirksam sein. „Das ist im Moment nicht der Fall“, sagt der Minister.
Am Rande des Kongresses warnte allerdings die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vor einer zusätzlichen Belastung der Behörden. Es werde schwierig, den von Deutschland geforderten Personalbeitrag von 1300 entsendeten Polizistinnen und Polizisten in diesem Jahr schon leisten zu können, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Jörg Radek.
„Einige 100 Personen“ aufgegriffen
„Das Personal haben wir derzeit nicht zur Verfügung, weder die Bundespolizei noch die Polizeien der Länder.“ Es mache auch keinen Sinn, sagte Radek, Beamte an die EU-Außengrenzen zu schicken, „die uns dann bei den seit Herbst eingerichteten mobilen Kontrollen an den deutschen Grenzen fehlen.“ Damit meinte Radek die von Seehofer angeordnete Ausweitung der Schleierfahndung.
Seehofer betonte in seiner Rede die Erfolge bei der zusätzlichen Kontrollen nahe der Grenze. Es seien „einige 100 Personen“ aufgegriffen worden, die mit Einreisesperren belegt waren, sagte der Minister, „und noch mehr, die mit Haftbefehl gesucht wurden“.
Der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, schilderte dann beim Kongress ein weiteres Problem bei der Zuwanderung. Es gebe aktuell 249.000 ausreisepflichtige Drittstaatsangehörige, aber nur 557 Sicherungshaftpätze. Lediglich „ein Freistaat“ verhalte sich vorbildlich, sagte Romann.
Gemeint war Bayern, das mehr als 100 Sicherungshaftplätze für abzuschiebende Ausländer bereitstellt. Bei den anderen Bundesländern gebe „erheblichen Nachholbedarf“, betonte Romann. Eine Konsequenz: Mehr als 100 Personen, die trotz Einreisesperre nach Deutschland gekommen waren und bei den seit Herbst 2019 verstärkten Kontrollen in Grenznähe aufgegriffen wurden, konnten laut Romann im Inland bleiben, „weil wir keinen Haftplatz gefunden haben“.