Großbritanniens EU-Austritt: Seehofer irritiert in Brüssel mit Brief zum Brexit
In einem Brief hat der Bundesinnenminister die Brexit-Strategie der EU kritisiert. Brüssel hat mit einem knappen Kommentar reagiert.
Bundesinnenminister Horst Seehofer sorgt mit Ermahnungen an die Brexit-Unterhändler der EU-Kommission für Irritation in Brüssel. In einem am Freitag bekannt gewordenen Brief drang der CSU-Chef vorige Woche auf eine „uneingeschränkte Sicherheitszusammenarbeit“ mit Großbritannien auch nach dem EU-Austritt. EU-Chefunterhändler Michel Barnier ließ daraufhin erklären, das sei „nicht die Position des Europäischen Rates einschließlich Deutschlands“.
Heikel ist die Intervention, weil die EU strikt versucht, geschlossen gegenüber London aufzutreten. Seehofer übernimmt indes Positionen der britischen Premierministerin Theresa May. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker spielte die Bedeutung am Freitag herunter. Auch er verwies darauf, dass es die Staats- und Regierungschefs sind, die die Verhandlungsposition der EU festlegen. „Wir haben ein Mandat des Europäischen Rates, das wir weiter respektieren werden“, sagte Juncker in Wien.
Aus Seehofers Schreiben vom 27. Juni hatte zuerst die „Financial Times“ zitiert. Es lag auch der Deutschen Presse-Agentur vor. Darin schreibt Seehofer: „Es ist nicht meine Intention, die Verhandlungen der Kommission mit dem Vereinigten Königreich und deren strategische Ausrichtung zu kommentieren. Ich erlaube mir jedoch als Innenminister eines europäischen Mitgliedstaates darauf hinzuweisen, dass die Sicherheit der Bürger höchste Priorität auch in der Europäischen Union genießen muss.“
Diese dürfe nicht unter dem Brexit leiden. Deshalb plädiere er dafür, dass „die gesamte EU-Sicherheitsarchitektur für das Vereinigte Königreich adäquat in eine neue umfassende Sicherheitspartnerschaft mit der EU überführt wird“. Eine Sprecherin Seehofers betonte in Berlin, es sei Seehofer nicht darum gegangen, das Verhandlungsmandat der Kommission infrage zu stellen oder Einfluss zu nehmen. Regierungssprecher Steffen Seibert ergänzte, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sei an einer engen und intensiven Sicherheitszusammenarbeit mit Großbritannien interessiert - „insofern ist das auch ihr Anliegen“.
Wie eng Großbritannien nach dem Austritt langfristig bei Terror- und Kriminalitätsbekämpfung mit der EU zusammenarbeitet, soll in den kommenden Wochen bei Verhandlungen geklärt werden. Diese Gespräche haben noch nicht richtig begonnen, weil wichtige Trennungsfragen offen sind. May hatte beim EU-Gipfel vorige Woche ebenfalls auf eine möglichst enge Sicherheitspartnerschaft gedrungen, mit ganz ähnlicher Stoßrichtung wie jetzt Seehofer.
Der EU-Unterhändler Barnier vertritt indes die Position, nach dem Brexit könne die Sicherheitskooperation etwa beim Austausch von Daten nicht mehr so eng sein wie jetzt. Das sei eine logische Folge des Austritts, den Großbritannien gewählt habe. (dpa)