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Kaputt. Die Hälfte der Leopard-2-Panzer ist in Reparatur.
© Patrik Stollarz/AFP

Bundeswehr: Schweres Gerät der Truppe nur bedingt einsatzbereit

Der Bericht zur Einsatzbereitschaft der Bundeswehr offenbart große Mängel bei den Waffensystemen. Von 128 Eurofightern waren 39 einsatzbereit.

Transparenz ist eine zwiespältige Angelegenheit, vor allem für den, der sie liefern muss. Seit 2014 legt das Bundesverteidigungsministerium alljährlich dem Bundestag einen Bericht zur Situation bei den wichtigsten Waffensystemen vor. Der Report war auch eine Konsequenz daraus, dass Ursula von der Leyen bei der Übernahme des Kommandos feststellen musste, dass im neuen Haus selbst auf scheinbar simple Fragen, wie die nach dem gerade aktiven Kampfpanzer-Bestand, niemand die Antwort wusste. Inzwischen ist die im Prinzip auf Knopfdruck abrufbar. Die heute digitale Erfassung ändert freilich nichts daran, dass weiterhin viel Mangel erfasst wird.

Als Gesamtnote für die „materielle Einsatzbereitschaft“ gibt sich die Bundeswehr selbst nur ein „ausreichend“. In Zahlen liest sich das im Bericht an den Verteidigungsausschuss für 2017 so: Von 128 Eurofightern waren voriges Jahr im Schnitt 39 einsatzbereit, von den 93 älteren Tornados durchschnittlich 26. Von 72 Transporthubschraubern CH-53 flogen 16 in Ausbildung und Einsatz. Beim Kampfpanzer Leopard 2 standen aus dem Bestand von 244 im Schnitt 105 bereit, vom Schützenpanzer Marder 212 von 382. Bei der Marine sind im Moment alle sechs U-Boote außer Gefecht.

Dass die Bundeswehr gleichwohl den Gesamt-Klarstand ihrer mehr als 5000 Fahr-, Schwimm- und Flugzeuge mit über 50 Prozent angibt, Tendenz seit 2015 steigend, liegt an der hauseigenen Berechnungsmethode: Die Prozentwerte werden am „Verfügungsbestand“ gemessen, also ohne solche Geräte, die längerfristig in Wartung, Modernisierung oder Erprobung stecken. Auf die Weise bleiben von 121 Eurofightern 81 theoretisch verfügbare – bei 39 tatsächlich einsatzbereiten ergibt das eine Quote von 48 Prozent.

Gut begründbare Rechenmethode

Die Rechenmethode ist gut begründbar. Überhaupt fehlt es nicht an nachvollziehbaren Gründen dafür, dass das schwere Gerät der Truppe nur sehr bedingt einsatzbereit ist. Von der Leyen ist seit Rudolf Scharping die erste Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt, die nicht mit einer Sparvorgabe ins Amt gehen musste. Erst seit der russischen Annexion der Krim 2014 ist auch das strategische Umdenken in Gang, das die Landes- und Bündnisverteidigung wieder gleichgewichtig neben Auslandseinsätze stellt. Ein schwerer Panzer wie Leopard 2 wurde vom Auslaufmodell wieder zum gefragten Gerät. Gleichzeitig blieben bewegliche Truppen für die derzeit 17 Einsätze oder „einsatzgleichen“ Aufträge im Ausland auf der Agenda.

Diese hohe Belastung führt das Ministerium denn auch zusätzlich neben Spar- Historie und dem Alter vieler Geräte als Grund für den unbefriedigenden Klarstand an: Einsätze im Ausland, oft unter „extremen klimatischen Bedingungen“ plus gestiegene Nato-Verpflichtungen in schnellen Eingreiftruppen plus die für beides notwendigen Ausbildungen und Übungen – da gehe halt viel kaputt. Dieser „Bugwelle“ an Ersatzbedarf stehe „die über Jahrzehnte reduzierte Kapazität“ an Werkstätten und Ersatzteilen gegenüber. Kurzfristig sei das nicht zu ändern.

Die laufenden Einsätze, wird zugleich versichert, seien nicht gefährdet. Allerdings räumen die Militärplaner selbst ein, dass die Armee im heimatlichen Grundbetrieb die Folgen spürt: Ausbildung und Übungen forderten „zusätzlichen Organisationsaufwand“ und unterlägen „teilweisen Einschränkungen“. Auf gut Deutsch heißt das: Die Truppe muss oft schauen, wo sie sich Material zusammenklaubt, und öfter mal schaut sie bei dieser Suche auch ins Nichts.

Die Opposition will sich mit all den Erklärungen nicht zufriedengeben. Vor allem auf das historische Argument, findet der Grünen-Haushälter Tobias Lindner, könne sich von der Leyen nicht mehr berufen: „Dass vor acht Jahren keine Ersatzteile bestellt wurden, reicht als Begründung nicht mehr aus.“ bib

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