Mängelliste der Streitkräfte: Leyen nennt Bundeswehr-Modernisierung "lang und mühsam"
Die Bundeswehr kämpft mit mangelnder Einsatzfähigkeit. Ministerin von der Leyen verteidigt sich: Es sei nicht schnell aufzuholen, was über viele Jahre abgebaut wurde.
Nach Kritik an der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen erneut um Nachsicht geworben. „Wir können nicht in wenigen Jahren alles aufholen, was zuvor 25 Jahre lang abgebaut und gespart worden ist“, sagte die CDU-Politikerin der „Passauer Neuen Presse“.
Bei Ausrüstung im Gesamtwert von rund 200 Milliarden Euro sei die vollständige Modernisierung „ein langsamer und mühsamer Weg“. Sie betonte, der Modernisierungskurs müsse beharrlich fortgesetzt werden.
Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) hatte zuletzt in seinem Jahresbericht festgestellt, die Materiallage bei der Bundeswehr bleibe „dramatisch schlecht, an manchen Stellen ist sie noch schlechter geworden“. Nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Dienstag) sind viele Waffensysteme der Bundeswehr nur beschränkt einsetzbar. So waren demnach etwa im vergangenen Jahr durchschnittlich nur 13 von 58 Transporthubschraubern vom Typ NH90 einsatzbereit. Von 128 Eurofightern hätten 2017 durchschnittlich nur 39 genutzt werden können.
Von der Leyen betonte in dem Interview: „Wir werden in den nächsten Jahren deutlich mehr Mittel brauchen, damit die Bundeswehr die Aufgaben und Aufträge bewältigen kann, die ihr das Parlament gibt.“ Dies sehe der Koalitionsvertrag von Union und SPD auch vor. Zehn Milliarden Euro für die Bundeswehr seien sicher, zusätzlich frei werdende Finanzmittel im Bundeshaushalt sollten „prioritär für die Bundeswehr und die Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt werden“. Die Politikerin ist für eine weitere Amtszeit als Verteidigungsministerin vorgesehen.
Abnutzung der Waffensysteme
Der Mängelbericht der Streitkräfte ist lang. Von einem Gesamtbestand von 128 Eurofightern seien im vergangenen Jahr durchschnittlich 39 Jets einsatzbereit gewesen, heißt es im "Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr 2017" des Bundesverteidigungsministeriums, der der Nachrichtenagentur Reuters am Montag vorlag. Von insgesamt 93 Tornado-Kampfjets seien durchschnittlich 26 einsatzbereit gewesen. Von insgesamt 72 Transporthubschraubern des Typs CH-53 hätten 16 tatsächlich für Ausbildung und Einsatz genutzt werden können.
Die Bundeswehr berechnet die Einsatzbereitschaft ihres Geräts allerdings nicht auf der Grundlage des Gesamtbestandes. Maßgebliche Basis für das Verteidigungsministerium ist der sogenannte Verfügungsbestand, das heißt die Gesamtzahl der Waffensysteme minus des Geräts, das in längerfristiger Wartung, Modernisierung oder der Erprobung steckt. Danach standen der Luftwaffe von insgesamt 128 Eurofightern im vergangenen Jahr 81 grundsätzlich zur Verfügung. Von diesen wiederum konnte die Luftwaffe dem Bericht zufolge durchschnittlich 39 tatsächlich für Ausbildung und Einsatz nutzen, was einer Einsatzbereitschaft von etwa 48 Prozent entspreche.
Das Verteidigungsministerium erklärt die Probleme unter anderem mit einer verstärkten Abnutzung der Waffensysteme durch die gestiegene Zahl von Übungen und Einsätzen im Zusammenhang mit der verschlechterten Sicherheitslage seit der Ukraine-Krise. "Im Ergebnis ist eine höhere Beanspruchung nahezu aller Waffensysteme im Vergleich zu vorherigen Berichten zu beobachten", schreibt das Ministerium. Dennoch habe sich die Einsatzbereitschaft des Geräts im Vergleich zum vorherigen Bericht für das Jahr 2016 bei der überwiegenden Zahl der Waffensysteme verstetigt. (dpa/Reuters)