Familienministerin: Schröder schlägt 12-monatiges Betreuungsgeld vor
Eigentlich soll ab 2013 das Betreuungsgeld 24 Monate gezahlt werden. Doch die Haushaltslage ist angespannt. Nun schlägt Schröder vor, das Betreuungsgeld nur für ein Jahr zu zahlen – und stößt damit eine grundsätzliche Debatte neu an.
Mit ihren Plänen für ein verkürztes Betreuungsgeld stößt Familienministerin Kristina Schröder (CDU) auf Kritik in der Koalition. „Die FDP lehnt das Betreuungsgeld ab. Wir wollen es auch nicht durch die Hintertür einführen“, sagte die familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Miriam Gruß, dem Tagesspiegel. Deutschland gebe derzeit 185 Milliarden Euro für familienpolitische Leistungen aus und stehe damit in Europa an der Spitze, sei aber dennoch Schlusslicht bei der Geburtenzahl. „Bevor wir eine neue Leistung einführen, sollten wir erst einmal die bisherigen überprüfen“, verlangte die FDP-Politikerin Gruß. Für das Betreuungsgeld setzt sich innerhalb der schwarz-gelben Koalition vor allem die CSU ein.
Mit dem Geld sollen Eltern unterstützt werden, die ihre Kleinkinder zu Hause betreuen anstatt sie in einen Kindergarten oder zu einer Tagesmutter zu geben. Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und FDP vereinbart, diese Eltern ab 2013 mit monatlich 150 Euro zu unterstützen. Die Leistung sollte zwei Jahre lang für unter dreijährige Kinder gezahlt werden. Nach Expertenschätzungen könnte das Betreuungsgeld den Bund rund zwei Milliarden Euro im Jahr kosten.
Familienministerin Schröder hatte am Wochenende vorgeschlagen, das Betreuungsgeld nicht wie geplant 24 Monate, sondern nur für ein Jahr zu zahlen. Angesichts der angespannten Haushaltslage sei eine „gewisse Bescheidenheit“ angebracht. Doch während FDP-Politiker die Leistung grundsätzlich ablehnen, beharrt die CSU auf den im Koalitionsvertrag vereinbarten zwei Jahren. Die CSU-Familienpolitikerin Dorothee Bär sagte dem Handelsblatt, ein Jahr Betreuungsgeld sei nicht akzeptabel. Wenn Schröder nun freiwillig auf die Hälfte verzichte, gebe sie „dem Finanzminister eine Steilvorlage“, kritisierte Bär.
Offen zeigte sich die CSU-Politikerin hingegen für Schröders Vorschlag, die geplante Unterstützung nicht nur auf Eltern zu beschränken, die ihre Kinder komplett zu Hause lassen. Schröder will das Betreuungsgeld auch an Eltern zahlen, die in Teilzeit arbeiten und die Kinder zeitweise betreuen lassen. „Hier müssen wir uns lediglich auf eine Grenze einigen“, sagte Bär. Diese könnte aus ihrer Sicht bei etwa 20 Stunden liegen.
Lesen Sie auf Seite 2 wie die Linke den Vorschlag der Familienministerin kommentiert.
Die FDP-Abgeordnete Gruß hingegen kritisierte das Betreuungsgeld als bildungspolitisch fragwürdig. „In Großstädten hat rund jedes zweite Kind Migrationshintergrund. Da ist es wichtig, dass Kinder schon früh miteinander spielen und lernen“, sagte sie. Durch den frühen Kontakt miteinander würden Kinder auch soziale Kompetenz lernen. Auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner bekräftigte, die Liberalen stünden dem Projekt fachlich seit Jahren reserviert gegenüber. Auch finanzpolitisch sehe die FDP derzeit wenig Spielraum für ein Betreuungsgeld. Die Liberalen erwarteten von Schröder und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Vorschläge, „wie das finanziert werden sollte“.
Die Vorsitzende der Frauen-Union, Maria Böhmer (CDU), forderte, die Unterstützung nicht nur in bar auszuzahlen. „Die Frauen sollen selbst entscheiden und zwischen verschiedenen Optionen wählen können“, sagte die Staatsministerin im Bundeskanzleramt der „Passauer Neuen Presse“. Frauen müsse beispielsweise auch ermöglicht werden, durch das Betreuungsgeld ihre Rentenansprüche aufzubessern, eine zusätzliche Pflegeversicherung aufzubauen oder eine Weiterbildung zu finanzieren.
SPD, Grüne und Linke lehnten erneut die Einführung der geplanten Leistung ab. Das Betreuungsgeld sei „der falsche Weg“, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig. Schröders Pläne machten die „Fernhalteprämie“ nicht besser. Stattdessen müsse dafür gesorgt werden, dass Kinder von Anfang an Zugang zu guter Bildung hätten. Auch die Grünen-Politikerin Katja Dörner kritisierte die „unsinnige Maßnahme“. Auch die von Schröder vorgestellte Variante werde Milliarden verschlingen, die besser in gute Kindertagesstätten investiert würden. Der familienpolitische Sprecher der Links-Fraktion, Jörn Wunderlich, warf Schröder vor, rückwärtsgewandte Familienpolitik zementieren zu wollen. „Es grenzt schon an Unverschämtheit, Frauen mit einem Taschengeld an Haus und Herd binden zu wollen und deren Kindern gleichzeitig zwanghaft Bildungsangebote vorzuenthalten“, sagte Wunderlich. So werde erneut die überflüssige und wenig hilfreiche Auseinandersetzung über „gute Mütter und schlechte Mütter“ entfacht.
Cordula Eubel