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Der Bundeskanzler redet bei einem Besuch in Den Haag mit dem niederländischen Premier.
© Lex van LIESHOUT /AFP

„Funktionierende Einheit schaffen“: Scholz und Rutte wollen vorerst keine weiteren Panzerhaubitzen liefern

Die bisher schwerste deutsche Waffenlieferung an die Ukraine soll nicht aufgestockt werden. Zunächst müssten auch die Soldaten vor Ort ausgebildet werden.

Deutschland und die Niederlande wollen vorerst nicht mehr als die bereits zugesagten zwölf Panzerhaubitzen 2000 an die Ukraine liefern. Eine Aufstockung sehe er „zur Zeit nicht“, sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte am Donnerstag in Den Haag bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Der Kanzler wies darauf hin, dass die schweren Artilleriegeschütze „nicht einfach verfügbar gemacht werden können“. Wann die ersten Haubitzen mit einer Reichweite von 40 Kilometern geliefert werden können, sagten die beiden Regierungschefs nicht.

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Die Panzerhaubitzen sind neben den Flugabwehrpanzern vom Typ Gepard die ersten schweren Waffen, die Deutschland für die Lieferung in das ukrainische Kriegsgebiet vorgesehen hat. Die Bundeswehr bildet auch ukrainische Soldaten für die Bedienung der modernen Geschütze aus.

Die Zahl zwölf - fünf aus den Niederlanden und sieben aus Deutschland - sei nicht zufällig, betonte Scholz. Sie habe etwas damit zu tun, „dass wir überlegt haben, wann macht das Sinn, wie viel müssen es sein, damit man daraus eine funktionierende Einheit schaffen kann“, erläuterte der Kanzler. „Und dann haben wir beide uns zusammengetan und ein bisschen mehr möglich gemacht, als eigentlich sonst ginge.“

Rutte erklärte, es handele sich bei den Haubitzen nicht um eine Waffenhilfe, die für den sofortigen Einsatz gedacht sei, „sondern eher für eine folgende Phase der Kämpfe“. Ein gutes Training der ukrainischen Soldaten mit diesen „komplexen Geschützen“ sei entscheidend. Die Niederlande hätten zudem noch viele Rückstände bei ihrer Armee, die sie erst beheben müssten.

Rutte will Gasproduktion in Groningen nicht steigern

Vor seinem Gespräch mit Rutte wurde Scholz bei seinem Antrittsbesuch in dem Nachbarland von König Willem-Alexander empfangen. Zu den Hauptthemen zählte auch die Umstellung der europäischen Energieversorgung weg von russischem Gas und Öl. Rutte schloss aus, dafür die Gasproduktion aus den Feldern in der nordöstlichen Provinz Groningen deutlich zu steigern. „Wir werden nicht 100 000 Menschen dort einem Erdbebenrisiko aussetzen“, sagte er.

Die Förderung von Erdgas aus den Groninger Feldern war wegen Hunderter Erdbeben und großer Schäden an Gebäuden stark gedrosselt worden. Die Regierung hatte zugesagt, die Förderung spätestens 2024 zu stoppen.

Nur im größten Notfall, „wenn die Rede von einer totalen Gaskrise in Europa ist, werden wir wieder auf Groningen schauen“, sagte Rutte. Die Niederlande hatten jahrelang eines der größten Erdgasvorkommen Europas.

Scholz warnt vor „schwerer Ernährungskrise“

Scholz (SPD) warnte vor der Gefahr einer „schweren Ernährungskrise besonders im globalen Süden“ als Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. „Um es klar zu sagen: Die Verantwortung dafür trägt allein Russland“, sagte er.

Scholz verwies darauf, dass Russland gegenwärtig die Handelswege für den Getreideexport aus der Ukraine blockiere. Um dieser Krise entgegenzutreten, habe Deutschland als G7-Vorsitz beim Rat der Entwicklungsminister das Bündnis für globale Ernährungssicherheit ins Leben gerufen. „Dieses Bündnis ist offen für alle, die nicht tatenlos hinnehmen wollen, dass die Ärmsten der Welt den Preis für die russische Aggression zahlen müssen.“ (dpa)

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