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Anhänger des schiitischen Geistlichen al-Sadr jubeln in Bagdad nach ersten Hochrechnungen zur Parlamentswahl.
© dpa/AP/Hadi Mizban

Überraschende erste Ergebnisse: Schiitischer Geistlicher Al-Sadr führt bei Wahl im Irak

Seit vier Jahren ist der irakische Regierungschef Al-Abadi an der Macht. Er warb mit dem Sieg gegen den IS für sich. Doch erste Ergebnisse der Parlamentswahl sehen andere an der Spitze.

Bei der Parlamentswahl im Irak liegt nach ersten Ergebnissen überraschend der schiitische Geistliche Muktada al-Sadr vorn. Seine Liste Sairun kommt in vier von bislang zehn ausgezählten Provinzen auf den ersten Platz, darunter in der Hauptstadt Bagdad, wie die irakische Wahlkommission am Sonntagabend mitteilte. Ein Erfolg zeichnete sich auch für ein Bündnis ab, das eng mit den schiitischen Milizen verbunden ist und gute Beziehungen zum Iran hat.

Dem schiitischen Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi droht hingegen eine Niederlage. Seine „Koalition des Sieges“ konnte in keiner der ausgezählten Provinzen einen der ersten beiden Plätze erreichen. Die restlichen Ergebnisse und die Verteilung der 329 Sitze im Parlament werden jedoch erst in den nächsten Tagen bekannt gegeben. Deshalb kann es noch zu Verschiebungen kommen.

Historisch niedrige Wahlbeteiligung

Die Iraker hatten am Samstag erstmals seit dem Sieg gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ein neues Parlament gewählt. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 44,5 Prozent ein historisches Tief: Es war die niedrigste seit der ersten freien Wahl nach dem Sturz von Langzeitherrscher Saddam Hussein im Jahr 2003. Beobachter machten dafür eine weit verbreitete Politikverdrossenheit verantwortlich. Vor vier Jahren hatte die Beteiligung rund 60 Prozent erreicht.

Der 44 Jahre alte Al-Sadr, Sohn eines hohen schiitischen Geistlichen, gilt als kontroverse Figur. Nach Saddams Husseins Sturz bekämpfte seine Mahdi-Armee die US-Besatzungstruppen mit Gewalt. In den vergangenen Jahren wandelte er sich zu einem der schärfsten Kritiker des politischen Establishments. Er wehrt sich gegen den starken iranischen Einfluss auf die Politik im Irak. Vor zwei Jahren stürmten seine Anhänger das Parlament in der schwer geschützten Grünen Zone. Al-Sadr hat vor allem in den armen Regionen des Iraks viele Anhänger. Für die Wahl ging er ein Bündnis mit den Kommunisten ein.

Die Liste von Al-Sadr liegt insbesondere in Bagdad mit deutlichem Vorsprung an der Spitze. In der Hauptstadt wird mit Abstand die größte Zahl an Sitzen im Parlament vergeben. Die eng mit den Schiitenmilizen verbundene Liste des Politikers Hadi al-Amiri kommt ebenfalls in vier Provinzen auf Platz eins, darunter in der Großstadt Basra im Süden des Iraks. Die Milizen gelten als verlängerter Arm des Irans.

Auch das Atomabkommen mit dem Iran ist ein Faktor

Wer auch immer die Wahl gewinnt, wird sich daher auch mit den Konsequenzen des Ausstiegs der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran befassen müssen. Dies dürfte die ohnehin fragile Region weiter destabilisieren, in der der Iran als Schutzmacht der Schiiten und Saudi-Arabien als Schutzmacht der Sunniten um die Vorherrschaft ringen. Eine wichtige Aufgabe des neuen Regierungschefs wird es auch sein, die Volksgruppen der Sunniten, Schiiten und Kurden angemessen an der Macht zu beteiligen und die Einheit des Landes zu wahren. Die Mehrheit der Iraker bekennen sich zum schiitischen Islam. Das Land wurde mit Saddam Hussein aber Jahrzehnte lang von einem Sunniten beherrscht, der brutal gegen Schiiten und Kurden vorging.

Al-Abadi, der seit fast vier Jahren im Amt ist, hatte im Wahlkampf mit dem Sieg gegen den IS unter seiner Führung geworben. Der 66-Jährige versprach zudem, sich für einen Ausgleich zwischen Schiiten und Sunniten einzusetzen. Al-Abadi hatte im Dezember den militärischen Sieg über den IS erklärt. Große Teile des Iraks sind zerstört, der Wiederaufbau kommt nur langsam voran. Der Weltbank zufolge werden dafür in den nächsten Jahren rund 88 Milliarden Dollar (rund 71 Milliarden Euro) benötigt. Nach UN-Angaben sind zudem noch immer mehr als zwei Millionen Menschen im Land vertrieben. Auch IS-Zellen sind weiterhin aktiv. (mes, dpa, Reuters)

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