Prozess in Saudi-Arabien: Saudi-Arabien will Aktivistin hinrichten
Gewalttaten hat sie offenbar keine begangen. Trotzdem droht einer Angeklagten in Saudi-Arabien die Todesstrafe. Wie reagiert die Bundesregierung auf den Fall?
In Saudi-Arabien soll erstmals eine Frau hingerichtet werden. Die Anklage wirft ihr keine Gewalttaten, sondern lediglich den Aufruf zu Protesten vor. In dem politischen Prozess fordert die Anklage nach Angaben von Amnesty International auch gegen vier weitere Menschenrechtsaktivisten die Todesstrafe, weil sie ebenfalls gegen die Regierung protestiert haben sollen. Die schiitische Aktivistin Israa al Ghomgham war gemeinsam mit ihrem ihr Mann Ende 2015 festgenommen worden. Ihr wird vorgeworfen, zu Protesten der schiitischen Minderheit aufgerufen zu haben. Der Prozess gilt Beobachtern als Auswuchs des harten Vorgehens von Kronprinz Mohammed bin Salman gegen innenpolitische Gegner. Zugleich hat der Kronprinz seinem Land einen radikalen Reformkurs ("Vision 2030") verordnet.
Der neue Fall drohender schlimmer Menschenrechtsverletzungen erschwert die Bemühungen der Bundesregierung, das Verhältnis zur Regierung in Riad wieder zu normalisieren. Außenminister Heiko Maas (SPD) steht vor der Aufgabe, gegenüber dem schwierigen Partner die Menschenrechte zu verteidigen, ohne damit die Chance auf eine Wiederannäherung beider Regierungen zu verbauen. Ende 2017 hatte das Königreich nach Kritik des damaligen Außenministers Sigmar Gabriel (SPD) an seiner Libanonpolitik ("Abenteurertum") seinen Botschafter aus Berlin abgezogen und seither nicht zurückgeschickt. Es folgten Drohungen aus Riad, deutschen Firmen keine Aufträge mehr zu erteilen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bemüht sich Maas, eine Lösung zu finden.
Der saudisch-deutsche Konflikt ist nicht besser geworden, seit sich der Kronprinz in ihn eingemischt hat. Er soll von der deutschen Kanzlerin eine Entschuldigung verlangt haben. Die Bundesregierung bemüht sich seither, den verärgerten Partner nicht weiter zu provozieren. Wie vorsichtig sie gegenüber Riad agiert, zeigte sich vor zwei Wochen, nachdem Saudi-Arabien Kanada mit Strafmaßnahmen überzog, weil die kanadische Außenministerin Cynthia Freeland eine neue Welle von Festnahmen von Frauen- und Menschenrechtsaktivisten in dem Golfstaat kritisiert hatte. Trotz kanadischer Bitten um Unterstützung verurteilte die Bundesregierung die saudische Strafaktion zumindest öffentlich nicht und ergriff auch nicht Partei für den unter Druck geratenen Nato-Partner.
Den neuen Prozess will das Auswärtige Amt nach Angaben einer Sprecherin genau verfolgen. Die Bundesregierung strebe eine einheitliche europäische Haltung zu dem Fall an, sagte sie. Auch gegenüber Saudi-Arabien setze sich Deutschland für die Abschaffung der Todesstrafe ein. Falls Maas Ottawa im Konflikt mit Riad doch stärken wollte, hätte er am Montag dazu Gelegenheit. Dann eröffnet seine kanadische Kollegin Freeland im Auswärtigen Amt in Berlin eine Botschafterkonferenz.
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