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Kinder im Jemen in einem vom Krieg zerstörten Haus.
© Ahmad al-Basha/AFP

Trotz Beteiligung am Jemen-Krieg: Saudi-Arabien erhält Rüstungsgüter für 255 Millionen Euro

Die große Koalition will eigentlich keine Rüstungsexporte in Länder mehr erlauben, die im Jemen Krieg führen. Doch die Praxis sieht anders aus.

Der Satz im Koalitionsvertrag von Union und SPD wirkt so eindeutig wie entschlossen. Zum Thema Rüstungsexporte heißt es: „Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder mehr genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.“ Diese Formulierung stand fast wortgleich bereits in dem Papier, das Union und SPD im Januar als Ergebnis ihrer Sondierungsgespräche veröffentlichten. Mit diesem Exportstopp wollten die Koalitionäre auch nicht bis zur Bildung der neuen Regierung warten. Er galt tatsächlich „ab sofort“, und die noch amtierende Regierung entschied sich, keine Genehmigungen mehr für Lieferungen in die betroffenen Länder zu erteilen. Doch bei dieser Entschlossenheit blieb es nicht. Seit ihrem Amtsantritt im März hat die Bundesregierung bereits Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien in einem Gesamtwert von etwa 255 Millionen Euro genehmigt. Saudi-Arabien führt seit 2015 einen Krieg gegen schiitische Aufständische im Jemen, die vom Iran unterstützt werden. Nach Angaben der Vereinten Nationen gibt es Anzeichen dafür, dass im Jemen Kriegsverbrechen begangen wurden.

Auch Ägypten und die Golfstaaten dürfen deutsche Waffen kaufen

Auch andere Staaten, die sich an der Seite Saudi-Arabiens am Jemen-Krieg beteiligen, dürfen weiter Rüstungsgüter aus Deutschland kaufen. So genehmigte die Bundesregierung seit März Rüstungsexporte nach Ägypten im Wert von zehn Millionen Euro, in den Golfstaat Katar für 13 Millionen Euro und in die Vereinigten Arabischen Emirate für rund fünf Millionen Euro. Das geht aus der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Frage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour hervor. Außerdem dürfen Jordanien, Marokko, Bahrain, Kuwait, der Senegal und der Sudan deutsche Waffen kaufen, obwohl diese Staaten ebenfalls Teil der von Saudi-Arabien geführten Militärallianz im Jemen-Krieg sind. Der Gesamtwert aller seit März von dere Bundesregierung erteilten Genehmigungen für Rüstungsexporte in Staaten der Kriegskoalition beläuft sich damit auf fast 290 Millionen Euro.

Das Wirtschaftsministerium wies in der Antwort auf Nouripours Frage darauf hin, dass die Summe der Genehmigungswerte „allein kein tauglicher Gradmesser für eine bestimmte Rüstungsexportpolitik“ sei. „Vielmehr sind auch die Art der Güter und der jeweilige Verwendungszweck bei der Bewertung zu berücksichtigen.“ Um welche Rüstungsgüter es sich genau handelt, ist allerdings weitgehend unklar. Für Exporte nach Saudi-Arabien wurden zehn Einzelgenehmigungen erteilt. Bekannt ist nur, dass vier Radarsysteme für Artilleriegeschütze nach Riad geliefert werden sollen.

Nouripour: "Die Groko ist moralisch bankrott"

Nouripour verwies auf das Leid der Menschen im Jemen und kritisierte die Rüstungsexportpolitik der großen Koalition: „Es ist nicht auszuhalten, wie Reden und Handeln der Bundesregierung auseinanderfallen“, sagte der Grünen-Politiker. „Die Groko ist moralisch bankrott.“ Die Linken-Bundestagabgeordnete Sevim Dagdelen warf der Bundesregierung vor, sie sei durch die Exportgenehmigungen für Saudi-Arabien „mitverantwortlich für Kriegsverbrechen und Hungerblockade der saudischen Militärs im Jemen“.

Sollte das Verbot von Rüstungsexporten in Staaten, die im Jemen Krieg führen, doch noch umgesetzt werden, müsste die deutsche Rüstungsindustrie auf einige ihre wichtigsten Kunden verzichten. Saudi-Arabien zählt seit Jahren zu den größten Empfängern von Waffenlieferungen aus Deutschland. Auch die anderen Golfstaaten sowie Ägypten geben Jahr für Jahr Millionen für deutsche Rüstungsgüter aus.

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