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Die SPD sollte sich nicht als Werbeplattform zum Verkauf der Bücher von Sarrazin missbrauchen lassen - und ihn ignorieren.
© AFP

Entscheidung des SPD-Schiedsgerichts: Sarrazin gehört halt zum Inventar

Die SPD verkraftet dieses Parteimitglied und sollte sich nicht von einem gescheiterten Egomanen vorführen lassen. Eine Kolumne.

Immer, wenn die SPD einen neuen Versuch startet, Thilo Sarrazin aus der Partei auszuschließen, muss ich an ein Gedicht von Erich Kästner denken: „Was immer auch geschieht, nie sollt ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, 
auch noch zu trinken.“ 

Herrgottnochmal, lasst den alten, wirren Mann doch in der Karteibox versauern, bis sein Mitgliedsausweis vergilbt. Sarrazin ist für die SPD wie der hochpeinliche, rassistische, nervige Onkel, für den man sich auf jedem Familienfest fremdschämt, aber den man trotzdem jedes Jahr wieder einlädt. Er gehört halt zum Inventar. 

Die beste Methode, solchen Leuten zu begegnen ist, sie zu ignorieren, bis sie selbst keine Lust mehr haben, sich ständig wichtig zu machen. Denn erst wenn sie merken, dass sich niemand mehr für sie interessiert, hat man gewonnen.  

Die SPD ist nun wirklich nicht allein mit diesem Dilemma. Jede Partei hat mindestens ein Mitglied, für das man sich in Grund und Boden schämt. Ausgenommen die AfD, da kann man getrost sagen, dass die ganze Partei ein dauerhaftes Sarrazin-Gefühl auslöst.

Wie oft muss Merkel schon die Augen über den CDU-Abgeordneten Amthor verdreht haben?

Nehmen wir die CDU: Ich möchte nicht wissen, wie oft Angela Merkel schon die Augen über Amthor und Merz verdreht hat. Oder die FDP: Kemmerich ist nun wirklich nicht die hellste Kerze auf dem Liberalen-Kuchen, aber Parteichef Christian Lindner straft ihn mit Ignoranz ab, betritt selbst die Bühne, statt sie ihm zu überlassen.

Auch die Grünen haben einen Sarrazin: Boris Palmer. Als Trost möchte ich der SPD mitgeben: Wer Gerhard Schröder und Sigmar Gabriel verkraftet, hält einen Thilo Sarrazin locker aus. Nicht, dass ich die drei Herren inhaltlich miteinander vergleichen möchte.

Was haben die besserwisserischen SPD-Politiker eigentlich in ihrer aktiven Zeit gemacht?

Ich meine lediglich die Nerv-Skala, die immer nach oben ausschlägt, wenn sich einer mal wieder von der Seitenlinie zur aktuellen Politik zu Wort meldet. Dann frage ich mich immer, was diese Politiker eigentlich in ihrer aktiven Zeit gemacht haben, wenn sie jetzt alles besser wissen.  

Deutschland und die Demokratie hält einen Sarrazin mit seinen wirren Thesen zu Migration, Armut und Genetik, die längst von seriöser wissenschaftlicher Seite widerlegt wurden, aus. Die SPD sollte das auch. Man sollte auch nicht vergessen, warum Sarrazin sich immer wieder ins Spiel bringt. In einem Interview sagte er, dass es ihm um die Verkaufszahlen seiner Bücher geht und missbraucht die Partei als Werbeplattform. Schon deshalb sollte die SPD aufhören, sich ständig als Kanonenfutter zur Verfügung zu stellen. 

Soll er doch schwadronieren und sich von seinen rechten Freunden bejubeln lassen. Eine Partei wie die SPD mit einer stolzen Historie, muss sich nicht von einem gescheiterten Egomanen vorführen lassen. Sarrazin versteht es zu gut, seine Worte als Waffe einzusetzen. Aber am Ende sind es eben nur seine verwirrten Worte.

Umso wichtiger ist es für die SPD, politische Inhalte voranzutreiben, statt sich von einem Sarrazin vor sich hertreiben zu lassen. Die SPD sollte sich die Gelassenheit eines Stuhls aneignen. Denn so ein Stuhl muss auch mit jedem, der auf ihm sitzt, klarkommen. 

Hatice Akyün

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