Hassparolen gegen Lübcke: Sachsens Vizeministerpräsident will Verfassungswidrigkeit von Pegida prüfen
Pegida-Demonstranten haben mit Häme auf den Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke reagiert. Sachsens Vize Martin Dulig will das nicht durchgehen lassen.
Die Hassparolen gegen den ermordeten Walter Lübcke bei der Pegida-Demonstration am vergangenen Montag in Dresden haben ein politisches Nachspiel, das womöglich zum Verbot von Pegida führt.
Der sächsische Wirtschaftsminister und Vizeministerpräsident Martin Dulig (SPD) fordert, das Landesamt für Verfassungsschutz solle einen Prüfbericht „zur potenziellen Verfassungswidrigkeit von Pegida“ erstellen. Der Bericht solle dem Kabinett vorgelegt werden, sagte Dulig am Freitag dem Tagesspiegel.
Der Politiker reagierte damit auf die Hetze von Demonstranten, die den Mord an Lübcke rechtfertigten und den erschossenen CDU-Politiker als „Volksverräter“ bezeichneten.
Sachsens Verfasssungsschutz bezeichnet im Jahresbericht 2018 Pegida als „nichtextremistisch“, nennt aber Aktivitäten der Identitären Bewegung und anderer Rechtsextremisten bei Veranstaltungen von Pegida.
Bei Twitter hatte Dulig zuvor geschrieben, „wer schon wieder anfängt, einzuteilen, wer oder was lebenswert ist und wer nicht, bereitet den Weg, der schon einmal zu Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung führte. Klare Kante gegen Nazis! Das sind keine ,besorgten Bürger‘, sondern faschistische Wegbereiter!“
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer erklärte auf Tagesspiegel-Anfrage: „Ein Mord ist durch nichts zu rechtfertigen! Diese Äußerungen sind abscheulich, beschämend und völlig inakzeptabel. Man fragt sich: ist es Dummheit oder Bösartigkeit. In jedem Fall verletzten diese Äußerungen grundlegende Wertvorstellungen unseres Zusammenlebens.“
Aus der Antwort zu einer Kleinen Anfrage des Abgeordneten im sächsischen Landtag, André Schollbach (Linke), vom Mai 2019 geht außerdem hervor, dass sächsische Staatsanwaltschaften zwischen Herbst 2014 und September 2018 insgesamt 198 Ermittlungsverfahren gegen Redner und Anhänger von Pegida eingeleitet haben. In jeweils 25 Verfahren ging es um gefährliche Körperverletzung sowie das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Pegida ("Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes") wurde 2014 in Dresden gegründet. Am Anfang kamen zu den Demonstrationen etwa 300 Teilnehmer, später waren es in Spitzenzeiten 2015 mehrere Zehntausend. Mittlerweile ist die Zahl wieder stark zurückgegangen.
Der Kasseler Regierungspräsident Lübcke war am 2. Juni erschossen worden. Unter Verdacht steht der 45-jährige Stephan E. aus Kassel. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Stephan E. hatte nach Angaben des Generalbundesanwalts Peter Frank zunächst gestanden, Lübcke getötet zu haben; später widerrief er sein Geständnis. (mit dpa)