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Nadia Sawtschenko
© AFP

Ukraine-Konflikt: Russlands wichtigste Gefangene

Nadia Sawtschenko drohen 23 Jahre Haft. Ist die ukrainische Militärpilotin eine Mörderin oder ein Entführungsopfer? Ein kleines Porträt

Für Russland ist Nadia Sawtschenko eine Mörderin, für die Ukraine ein Entführungsopfer. Jetzt hat ein russischer Staatsanwalt 23 Jahre Haft für die 34-jährige Militärpilotin gefordert.

Nadia bedeutet Hoffnung, und so hoffen ihre Anhänger in ihrem Heimatland Ukraine, dass sie ausgeliefert wird. Allerdings rechnen Pessimisten mit dem Schlimmsten: Sawtschenko hat in der Vergangenheit mehrmals bewiesen, dass sie zu radikalen Maßnahmen gegen sich selbst fähig ist. Seit ihrer Gefangennahme im Juni 2014 ist sie mehrfach in den Hungerstreik getreten. Im Gerichtssaal drohte die Soldatin am Donnerstag, sie werde weder Nahrung noch Wasser zu sich nehmen, sollte sich der Prozess weiter hinziehen. Eigentlich sollte am Donnerstag das Urteil verkündet werden, nun wurde es auf den 9. März vertagt.

Sie soll Zivilisten beschossen haben, sagt die russische Justiz

Sawtschenko wurde in Kiew geboren und ist in vielerlei Hinsicht eine besondere Frau. Sie ist die einzige ausgebildete Pilotin der ukrainischen Streitkräfte, kann Kampfbomber und Hubschrauber fliegen. Keine Soldatin war während des Donbass-Krieges so lange in Gefangenschaft wie die burschikose Frau. Außerdem ist sie Parlamentsabgeordnete, konnte bisher aber an keiner Sitzung teilnehmen.

Die Umstände ihrer Gefangennahme sind nicht lückenlos aufgeklärt. Das russische Gericht sieht es als erwiesen an, dass Sawtschenko im Juni 2014 bei den Kämpfen in der Ost-Ukraine Zivilisten beschossen hat und für den Tod von zwei russischen TV-Journalisten verantwortlich ist. Die populäre russische Tageszeitung „Komsomolska Prawda“ nannte sie eine „Tötungsmaschine im Rock“.

In der Ukraine ist sie eine Heldin

Für viele Ukrainer ist sie eine Heldin, die von Separatisten illegalerweise festgesetzt und nach Russland entführt wurde. Tausende verfolgen ihr Schicksal in den sozialen Netzwerken, Präsident Petro Poroschenko verlieh der Pilotin die höchste Auszeichnung des Landes. Die ukrainische Post brachte 2015 eine Briefmarke mit ihrem Porträt heraus. Darauf ist sie nicht als Soldatin zu sehen, sondern als geschminkte Frau vor blau-gelbem Hintergrund, umgeben von Sonnenblumen und rotem Mohn.

Zu ihren Verteidigern gehört der russische Anwalt Mark Feygin, der im Jahr 2012 die Musikerinnen der russischen Punk-Band „Pussy Riots“ vertreten hat. Vor allem Nadia Sawtschenkos Familie hofft, dass die russische Justiz ein Einsehen hat und die Soldatin begnadigt oder in die Ukraine abschiebt. „Ich möchte meine Tochter lebend zurückhaben“, sagte ihre 78-jährige Mutter.

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