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Menschen flüchten am Dienstag aus Ost-Aleppo.
© AFP
Update

Syrien: Russlands UN-Botschafter: Kämpfe in Aleppo beendet

Rebellen in Ost-Aleppo haben sich nach eigenen Angaben mit dem syrischen Regime auf einen Abzug der noch verbliebenen Menschen geeinigt. Russlands UN-Botschafter sagt, die Kämpfe seien beendet.

Angesichts der verheerenden Lage für die Menschen im Osten der umkämpften syrischen Stadt Aleppo ist einem Rebellenvertreter zufolge eine Einigung über die Evakuierung der dort verbliebenen Menschen erzielt worden. Es gebe eine Einigung "für die Evakuierung von Zivilisten und Kämpfern aus den belagerten Vierteln von Ost-Aleppo", sagte Jasser al-Jussef von der Rebellengruppe Nurredin al-Sinki am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Die Türkei und Russland hätten sich für die Vereinbarung eingesetzt.

Aus syrischen Regierungskreisen hieß es, dass die Rebellen am Mittwoch die verbliebenen Stadtviertel im Osten räumen würden. Die Unterhändler bestünden darauf, dass die Rebellen vor dem Abzug ihre Waffen ablegten. Der Rebellensprecher sagte allerdings, dass den Kämpfern ein Abzug mit ihren persönlichen Waffen erlaubt sei.

"Jeder" werde Ost-Aleppo noch in der Nacht verlassen, teilte ein Sprecher der Gruppe Ahrar al-Scham am Dienstag mit.

Am Dienstagabend verkündete Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin in New York, die Kämpfe seien beendet. Die syrischen Regierungstruppen hätten nach mehrmonatigem Kampf die Kontrolle über die Großstadt Aleppo übernommen.

Nach Angaben der Vereinten Nationen waren in den vergangenen Tagen mehr als 40 000 Menschen aus den umkämpften Gebieten geflohen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Syrien sprach zuletzt von katastrophalen Zuständen. Es habe demnach keine medizinische Versorgung mehr gegeben. Die Menschen hätten sich teilweise tagelang versteckt, ohne Wasser und Nahrung.

UN: Assads Truppen massakrieren Zivilisten

Willkürliche Verhaftungen, Folter, Massaker: Immer mehr Berichte von schweren Kriegsverbrechen dringen aus dem Rest des umkämpften Ost-Aleppo zu den Vereinten Nationen durch. Die Meldungen seien alarmierend, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon laut einer am Dienstag in Genf veröffentlichten Mitteilung. Der Sprecher des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Hilfe, Jens Laerke, sprach von einem „kompletten Zusammenbruch der Menschlichkeit“.

Die meisten Gräueltaten werden Truppen zur Last gelegt, die für das Regime von Machthaber Baschar al Assad die einstige Rebellenhochburg Ost-Aleppo seit November fast komplett erobert haben. Die Berichte seien „glaubwürdig“, sie könnten jedoch nicht unabhängig überprüft werden – das unterstreichen die UN-Funktionäre.

Pro-Assad-Einheiten haben laut den Informationen mindestens 82 Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, nach ihrem Auffinden umgebracht. Das teilte der Sprecher des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Rupert Colville, mit. Die Regime-Truppen durchkämmten Wohnhäuser in den eroberten Gebieten und töteten die Menschen, die sie vorfänden. Oppositionellen drohe Festnahme, Folter und Tötung. Man habe die schlimmsten Vorahnungen für diejenigen Verbliebenen, die sich noch in der „letzten höllischen Ecke“ der Oppositionsgebiete aufhielten.

Tausende harren aus

Tausende Zivilisten harren den Angaben zufolge noch immer in dem Kampfgebiet aus. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz betonte mit Blick auf die vielen Männer, Frauen und Kinder: „Sie können nirgendwo hin fliehen.“ Nach eigenen Angaben verhandelt die Organisation über eine sichere Flucht von Hilfskräften und Zivilisten aus dem größtenteils völlig zerstörten Ost-Aleppo. Derzeit fehlten allerdings noch Sicherheitsgarantien, sagte eine Sprecherin.

In einem eindringlichen Appell flehten mehrere oppositionsnahe Gruppen um Hilfe. Die Erklärung, die unter anderem von den Weißhelmen, die als freiwillige Helfer Menschen aus den Trümmern bergen, unterzeichnet wurde, fordert einen sicheren Abzug der Eingeschlossenen aus der Stadt. „Wir fürchten um unser Leben“, heißt es in der Mitteilung. UN-Generalsekretär Ban beauftragte seinen Sondergesandten für Syrien, Staffan de Mistura, die Konfliktparteien zu kontaktieren und auf eine strikte Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu pochen.

Einheiten des Machthabers Assad starteten im November eine Großoffensive gegen Ost-Aleppo, wo seinerzeit schätzungsweise bis zu 275000 Menschen lebten. Assads Einheiten rückten mit massiver russischer Luftunterstützung und der Hilfe schiitischer Milizen etwa aus dem Irak und dem Libanon vor. Der sehr wahrscheinlich unmittelbar bevorstehende Sieg im Osten der einstigen Handels- und Wirtschaftsmetropole könnte dem syrischen Regime laut UN-Funktionären einen entscheidenden Schub in dem 2011 ausgebrochenen Syrien-Konflikt geben. Allerdings gegen Experten davon aus, dass der Krieg damit noch lange nicht beendet sein wird.

Dringlichkeitssitzung beantragt

Wegen der dramatischen Lage in Aleppo sollte auf Frankreichs und Großbritanniens Antrag noch am Dienstag eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats stattfinden. Bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beklagte Frankreichs Präsident François Hollande in Berlin, dass 120000 Menschen in Aleppo „als Geiseln festgehalten“ würden. Merkel und Hollande sprachen sich für eine humanitäre Unterstützung der Zivilbevölkerung in der zweitgrößten Stadt Syriens aus. „Die Situation ist desaströs. Sie bricht einem das Herz“, sagte Merkel. Hollande sprach sich erneut für die Einrichtung humanitärer Korridore aus. Der Präsident machte die Regierung in Moskau für die Lage mitverantwortlich. „Ohne die Russen kein syrisches Regime“, sagte er.(mit AFP/dpa/rtr)

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