Antrag bei der UN: Russland macht bei Arktis-Eroberung Ernst
Im Eismeer rund um den Nordpol werden erhebliche Rohstoffvorkommen vermutet. Russland beansprucht das Gebiet für sich. Die Entscheidung über Nutzungsrechte liegen bei UN-Kommission.
Russland hat bei den Vereinten Nationen Anspruch auf einen großen Teil des Meeresbodens des Arktischen Ozeans erhoben. Im Boden des Nordpolarmeers werden große Öl- und Gasreserven sowie mineralische Rohstoffe und Metalle vermutet. Der Antrag auf die Nutzungrechte könnte mit dem anderer Anrainerstaaten des Eismeers kollidieren. Das Gebiet, das auch den geografischen Nordpol umfasst, beanspruchen nämlich auch Kanada und Dänemark für sich.
Der Streitpunkt liegt vor allem im Festlandssockel. Nach der UN-Seerechtskonvention können die Anrainer den Meeresboden über die 200-Seemeilenzone – die so genannte „ausschließliche Wirtschaftszone“ – hinaus nutzen, wenn sie beweisen können, dass der ins Eismeer hineinragende Festlandssockel die Fortsetzung ihres Festlands ist. Daher legte Russland in dieser Woche seinen Antrag der UN-Kommission vor, die über die Grenzen des kontinentalen Festlandssockels entscheidet. Moskau beansprucht nun über die Wirtschaftszone hinaus rund 1,2 Millionen Quadratkilometer des Meeresbodens. Die vorgelegten Landkarten orientieren sich an den beiden im Meer zwischen Sibirien und Nordamerika unter der Wasseroberfläche verlaufenden Bergrücken, dem Lomonossow- und dem Mendelejew-Rücken. Wird Russlands Antrag von der UN-Kommission abgesegnet, würde das bedeuten, dass Russland dann das Recht auf Förderung von Rohstoffen hat, die im Meeresboden liegen.
Anrainer des Arktischen Ozeans sind neben Russland, Kanada und Dänemark-Grönland auch Norwegen und die USA. Die USA haben bisher die Seerechtskonvention (United Nations Convention on the Law of the Sea/UNCLOS) nicht unterzeichnet, sind also am UN-Verfahren zur Vergabe von Nutzungsrechten nicht formal beteiligt.
Erweiterte Schifffahrt- oder Fischfangrechte sind mit dem Recht auf Nutzung des Meeresbodens nicht verbunden. Nach Einschätzung westlicher Experten ist somit die Aussage des russischen Ozeanologen Leopold Lobkowski nicht zutreffend, dass „das Nordpolarmeer nicht mehr international“ sein werde und Schiffe aus anderen Ländern sich dort nicht mehr aufhalten dürfen, wenn die UN Russlands Antrag akzeptiere. Diese Aussagen hatte der deutschsprachige Dienst der regierungsnahen russischen Agentur Sputnik News verbreitet.
Der Kampf um die Arktis ging 2002 in die heiße Phase
Russland hatte 2002 erstmals seinen Antrag auf Nutzungsrechte an einem großen Teil des Eismeers vorgelegt. Die UN-Sockelkommission hatte von Russland aber weitere wissenschaftliche Daten zur Begründung des Antrags gefordert. Dies geschieht nun. Russlands Wissenschaftler glauben beweisen zu können, dass die beiden Meeresbergrücken und das so genannte Makarow-Becken im Eismeer mit dem eurasischen Kontinentalrand verbunden sind. Russland hatte zudem im Sommer 2007 auf dem Meeresboden am Nordpol eine russische Flagge aus Titan-Metall verankert und damit symbolisch Anspruch erhoben.
Interessant am russischen Antrag ist, dass er zwar den Nordpol beinhaltet, aber nicht sehr weit über ihn hinaus geht. Russland beschränkt sich weitgehend auf das Gebiet auf der östlichen Seite des Eismeers. Dennoch kommt es zu Überlappungen von Ansprüchen. Denn auch Dänemark-Grönland und Kanada glauben, dass ihr Kontinentalschelf den Nordpol erreicht. Dänemark hatte Ende 2014 Anspruch auf einen 895 000 Quadratkilometer großen Teil des Meeresbodens erhoben. Dabei war Dänemark weit über den Nordpol hinaus Richtung Sibirien gegangen. Kanada arbeitet noch an seinem Antrag. An diesem Wochenende starten von Norwegen aus die beiden kanadischen Eisbrecher Louis S. St. Laurent und Terry Fox Richtung Eismeer und sammeln auf der Ostseite des Lomonossow-Rückens Daten über den Meeresboden.
Die UN-Sockelkommission wird entscheiden, wie weit die Gebietsansprüche der Anrainerstaaten reichen. Dieser Prozess wird sich über mehrere Jahre erstrecken. Sollte die Kommission zu dem Ergebnis kommen, dass sich Ansprüche einzelner Staaten überschneiden, so muss die Grenzziehung durch Verhandlungen erfolgen. Das Interesse an der Arktis beruht vor allem auf der Rohstoffnachfrage. Die US Geological Survey spricht in einer Studie von 2008 über Öl- und Gasvorkommen in der Arktis von großen „unentdeckten Ressourcen“.
Die wirtschaftliche Ausbeutung des Arktis stößt auf Widerstände von Umweltschützern, die das Ökosystem bedroht sehen.