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Das britische Kriegsschiff HMS Defender fuhr am Mittwoch in die Krim-Region.
© Yoruk Isik/Reuters
Update

Feuer auf Kriegsschiff nahe der Krim?: Russland beklagt „bewusste und vorbereitete Provokation“ der Briten

Nahe der Halbinsel Krim will Russland ein britisches Kriegsschiff mit Schüssen und Bomben gewarnt haben. Großbritannien stellt den Vorfall völlig anders dar.

Der Kreml hat nach dem russischen Vorgehen gegen ein britisches Kriegsschiff im Schwarzen Meer eine „bewusste und vorbereitete Provokation“ durch Großbritannien beklagt.

„Wir halten solche Handlungen für unzulässig und nicht im Einklang mit internationalem Recht“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge. Das russische Militär und der Grenzschutz würden in Bezug auf derartige Provokationen auch künftig eine „ziemlich harte Position“ einnehmen.

Russland hatte nach Angaben des Verteidigungsministeriums am Mittwoch zur Warnung des britischen Schiffs Schüsse abgegeben und Bomben abgeworfen. Es sei am Mittwochmittag unweit der Halbinsel Krim drei Kilometer weit in russische Hoheitsgewässer gefahren, meldete die Staatsagentur Tass unter Berufung auf das Ministerium in Moskau.

Nach dem gemeinsamen Beschuss durch die russische Schwarzmeerflotte und den Grenzschutz des Inlandsgeheimdienstes FSB drehte das britische Schiff demnach ab. Es gab dem Vernehmen nach keine Verletzten.

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Ein BBC-Reporter an Deck der „HMS Defender“ berichtete jedoch von massiven Versuchen russischer Flugzeuge und Schiffe, den Zerstörer von seinem Kurs abzubringen. „Zeitweise waren 20 (russische) Flugzeuge über dem Kriegsschiff“, sagte er in einem aufgezeichneten Telefonat. Es habe Warnungen der Küstenwache gegeben und auch Schüsse, die seien jedoch wohl außerhalb der Reichweite abgefeuert worden. Die „HMS Defender“ habe trotzdem ihren Kurs beibehalten.

Das Moskauer Ministerium erklärte am Mittwoch, die Besatzung der britischen „HMS Defender“ habe auf Warnungen zunächst nicht reagiert. Daraufhin habe ein Grenzpatrouillenschiff Warnschüsse abgegeben. Anschließend seien „präventiv“ vier Fliegerbomben auf den Kurs der „Defender“ abgeworfen worden.

Das britische Verteidigungsministerium stellt den Vorfall hingegen ganz anders dar. „Es sind keine Warnschüssen auf HMS Defender abgefeuert worden“, twittere das Pressebüro des Verteidigungsministeriums in London. „Das Schiff fuhr friedlich durch eine Passage in ukrainischem Hoheitsgewässer und hielt sich an internationales Recht.“

Die Briten haben eine andere Theorie, wie es zu dem Vorfall kam. „Wir glauben, dass die Russen eine Feuerübung im Schwarzen Meer unternahmen“, so das Pressebüro. Mit den Schüssen habe das maritime Militär sich nähernde Schiffe vorwarnen wollen. „Wir können die Behauptung, dass Bomben in unseren Weg geworfen wurden, nicht nachvollziehen.“

Nach dem Vorfall am Kap Fiolent im Südwesten der 2014 von Russland von der Ukraine annektierten Halbinsel Krim wurde der britische Militärattaché ins russische Verteidigungsministerium einbestellt, hieß es in Moskau.

Immer wieder kommt es zu Zwischenfällen auf See und im Luftraum, weil Russland seine Luft- und Seegrenzen verletzt sieht. International wird die Annexion der Krim nicht anerkannt, weshalb es sich aus Sicht der Regierung in Kiew um ukrainisches Hoheitsgebiet handelt.

Der Vizechef des Verteidigungsausschusses im russischen Parlament, Juri Schwytkin, sagte, alle Versuche dieser Art, die Grenzen Russland zu verletzen, würden entschieden abgewehrt. Die Schwarzmeerflotte und der für den Grenzschutz zuständige Inlandsgeheimdienst FSB hätten im Einklang mit internationalen Regeln gehandelt. Es sei alles dafür getan worden, keine Aggression zuzulassen. Mit dem Vorgehen gegen das britische Schiff sei eine schlimmere Entwicklung des Szenarios verhindert worden.

Wollten die Briten an einer US-Militarübung teilnehmen?

Es wurde vermutet, dass das britische Kriegsschiff an einer internationalen Militärübung unter US-Führung teilnehmen wollte. Zuvor hatte Russland die USA und ihre Verbündeten aufgefordert, dieses Manöver im Schwarzen Meer nicht abzuhalten.

„Das Ausmaß und die offensichtlich aggressive Art der militärischen Übungen entsprechen in keiner Weise den tatsächlichen Sicherheitsbedürfnissen in der Schwarzmeer-Region“, teilte die russische Botschaft in den USA bei Twitter mit. Dadurch erhöhe sich das Risiko „unbeabsichtigter Vorfälle“. Jedes Problem könne von den Anrainerstaaten selbst gelöst werden, ohne dass „Hilfe von außen „aufgezwungen““ werde.

Das zweiwöchige Manöver „Sea Breeze“ (Seebrise) im Schwarzen Meer soll nach US-Angaben an diesem Montag beginnen. Mit 32 beteiligten Ländern aus sechs Kontinenten, 5000 Soldaten, 32 Schiffen, 40 Flugzeugen sowie 18 Spezialoperationen und Tauchteams sei es die bisher größte derartige Übung. Die Ukraine ist Austragungsort des Manövers. Diese jährlich angesetzten Übungen gibt es bereits seit 1997.

Diesmal wird das Manöver vor dem Hintergrund neuer Spannungen zwischen Moskau und dem Westen abgehalten. Im Frühjahr hatten russische und ukrainische Truppenaufmärsche entlang des Konfliktgebiets Ostukraine Sorge ausgelöst, dass der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine erneut eskalieren könnte.

Seit knapp sieben Jahren werden Teile der ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk entlang der russischen Grenze von moskautreuen Separatisten kontrolliert. Russland hatte sich 2014 die Schwarzmeer-Halbinsel Krim einverleibt. Im Frühjahr wollten die USA Kriegsschiffe ins Schwarze Meer schicken, hatten aber nach massiver Kritik aus Russland davon Abstand genommen. (dpa, Tsp)

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