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Wirtschaftliche Zusammenarbeit orthodoxer Glaubensbrüder: Russland Präsident Putin und Griechenlands Premier Tsipras
© AFP

Tsipras bei Putin: Russland baut Pipeline durch Griechenland

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras wirbt bei seinem Besuch in Moskau für stärkere Zusammenarbeit mit Russland. Wladimir Putin und er vereinbarten den Bau einer russischen Gaspipeline durch Griechenland.

Als einziger Regierungschef Europas gab sich der griechische Premierminister Alexis Tsipras auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg die Ehre. Der Grieche fährt gegenwärtig einen Zickzack-Kurs zwischen Moskau und Washington. Seine Teilnahme an den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Sieges in Moskau hatte er im letzten Moment abgesagt. Angesichts der drohenden Staatspleite zieht es ihn jetzt jedoch wieder zu seinen orthodoxen Glaubensbrüdern in Russland.

So warb Tsipras in St. Petersburg erneut für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Athen und Moskau. „Russland ist einer der bedeutendsten Partner für uns“, sagte er am Freitag. Europa habe sich lange für das Zentrum der Welt gehalten. Aber die Welt ändere sich, meinte Tsipras vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung Chinas und Asiens in der Wirtschaft. „Die Rolle Russlands in der Welt wächst“, ergänzte er.

Mit Blick auf die Verlängerung der EU- Strafmaßnahmen gegen Russland im Ukraine-Konflikt forderte Tsipras einen Neuanfang: „Der Teufelskreis der Sanktionen muss durchbrochen werden. Er verteidigte seine Anwesenheit auf dem Forum mit der Suche nach neuen Partnern. Trotzdem habe die EU die Aufgabe, dem von einer Staatspleite bedrohten Land bei der Lösung seiner Probleme zu helfen. „Die Krise ist nicht ein Problem Griechenlands, sondern der EU als Ganzes“ betonte er. „Wir sind ein Seefahrervolk und haben keine Angst, aufs offene Meer zu fahren und werden ganz bestimmt in einen sicheren Hafen finden.“ Er warb für Griechenland als Transportknoten zwischen drei Kontinenten.

So vereinbarten Russland und Griechenland den Bau einer russischen Gaspipeline durch Griechenland. Der griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis und sein russischer Kollege Alexander Nowak unterzeichneten am Freitag eine entsprechende Absichtserklärung. Geplant sei die Bildung eines russisch-griechischen Joint Ventures, das zwischen 2016 und 2019 die Pipeline bauen solle, sagte Nowak nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen bei der Unterzeichnung. Nach Angaben von Nowak soll die Leitung mit russischem Geld finanziert werden. Das Gemeinschaftsunternehmen soll jeweils zur Hälfte im Besitz von Russland und Griechenland sein.

Die Kosten belaufen sich auf 2 Milliarden

„Das ist der Start eines großen Investitionsprojekts in Griechenland, das der Wirtschaft des Landes nützt“, sagte Nowak. Für Russland sei die Unterzeichnung der Absichtserklärung ein „sehr wichtiges Ereignis“. Der Minister bezifferte die Kosten für den Bau der Verbindung mit rund zwei Milliarden Euro. Durch die Leitung namens South European Gas Pipeline sollen 47 Milliarden Kubikmeter Gas nach Europa geliefert werden können.

Die Pipeline durch Griechenland ist eine Verlängerung für Turkstream. Hintergrund des Projekts ist das Aus für die geplante Pipeline South Stream, die unter dem Schwarzen Meer und an der Ukraine vorbei nach Südeuropa führen sollte. Ende 2014 hatte Russland das Projekt vorerst aufgegeben und zur Begründung auf eine Blockade durch die EU-Kommission verwiesen.

Als Alternative hatte Russland Turkstream auf den Weg gebracht, um an der Ukraine vorbei Gas nach Europa zu liefern. Die Pipeline in der Türkei soll im Dezember 2016 in Betrieb gehen. Allerdings muss der russische Energieriese Gazprom dazu noch einen entsprechenden Vertrag mit der Türkei unter Dach und Fach bringen. Die Türken konnten sich bisher nur zu einer Absichtserklärung durchringen. Ankara weiß, dass es bei dem Projekt eine ähnliche Schlüsselrolle spielt wie derzeit die Ukraine. Das nutzt die Türkei, um Rabatte zu verlangen.

Auch Russland verzeichnete auf den Wirtschaftsforum Erfolge. So konnte ein Abkommen mit Saudi-Arabien über eine Kooperation bei Kernforschung und Atomindustrie geschlossen werden. Milliardenschwere Verträge für russische Unternehmen bilden längerfristig auch politisches Kapital und könnten die Schockstarre beenden, mit der sich beide belauern. Sichtbar in Siegerlaune schlug Putin auch dem Westen gegenüber versöhnliche Töne an: Russland werde, unabhängig von äußeren Bedingungen, maximal freie, berechenbare und transparente Bedingungen für Investoren schaffen. Dafür, sagten Kritiker, habe Putin fünfzehn Jahre lang Zeit gehabt – und nichts sei passiert. (mit AFP und dpa)

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