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Protest gegen die Offensive der syrischen Regierung in der Provinz Idlib.
© Ugur Can/DHA/AP/dpa

Mögliches Eingreifen der Bundeswehr: Russische Experten warnen vor Eskalation des Syrien-Konflikts

Sollte Deutschland in Syrien eingreifen, könnte dies seine Rolle als Vermittler in Nahost gefährden. Experten warnen auch vor den wirtschaftlichen Folgen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel schließt eine Bundeswehrbeteiligung in Syrien für den Fall eines Chemiewaffeneinsatzes durch das Regime von Präsident Bashar al Assad nicht aus. Aus Sicht russischer Experten würde ein deutscher Einsatz militärisch keinen Sinn machen und hätte eher negative Auswirkungen auf das deutsch-russische Verhältnis.

Wiktor Murachowskij nennt es zweifelhaft, ob in Syrien Chemiewaffen eingesetzt wurden und werden. Ein solcher Einsatz sei nur schwer nachzuweisen, sagt das Mitglied des Expertenrates der Militär-Industrie-Kommission der Russischen Föderation und Experte des Russischen Rates für internationale Angelegenheiten. Auch wäre im Falle eines Einsatzes kaum zu entscheiden, von welcher Seite, von Regierungstruppen oder von der Opposition, Chemie als Waffe eingesetzt wurde.

Chlor sei ein weit verbreitet eingesetzter Stoff in Industrie und Landwirtschaft, leicht zu beschaffen für Jedermann – wer wollte, könnte damit leicht auch einen militärischen Einsatz nur vortäuschen, um die Akteure gegeneinander auszuspielen. "Hinzu kommt: Aus militärischer Sicht macht ein Chemiewaffeneinsatz keinen Sinn, denn feindliche Truppenangehörige sind dagegen gut geschützt, und die Zivilbevölkerung könnte sich mit feuchten Mullbinden schützen und den betroffenen Bereich verlassen".

Im April 2018 griff die internationale Koalition Ziele in Syrien an. Weil das Regime über moderne Luftverteidigungssysteme wie "Buk" und "Tor" verfügt, konnte es sich erfolgreich schützen. "Aber es hat keine Mittel, um seinerseits zurückzuschlagen und zum Beispiel die Flugplätze der internationalen Koalition anzugreifen", sagt Murachowskij. Es sei also wahrscheinlich, dass Syrien genau deshalb Russland um Raketenwerfer bitten würde, um die Raketenträger der Gegenseite zu treffen. Das könnte zu einer Eskalation des Konflikts in der Region führen, an deren Ende auch amerikanische Militärstützpunkte, Schiffe im Mittelmeer und Israel bedroht sein könnten, glaubt der Experte.

Eingreifen gegen das Völkerrecht

Wenn Deutschland an Militäreinsätzen teilnähme, würde das vermutlich nicht direkt zu einem Konflikt mit Russland führen. Er vergleicht den Effekt mit dem von der Beteiligung deutscher Einheiten mit der Koalitionsgruppe im Baltikum. 2014 begann die von den USA initiierte Operation Atlantic Resolve, in deren Rahmen verschiedene Übungen und Schulungen in Estland, Lettland, Litauen und anderen Ländern durchgeführt werden. "Wenn deutsche Luftwaffen oder Leopard-Panzer in der Nähe der russischen Grenzen auftauchen, reagiert Russland sensibel: In Moskau weckt das unangenehme Assoziationen", mahnt Murachowskij, "Aber auch nicht mehr". Wenn aber im Fall eines Bundeswehreinsatzes in Syrien versehentlich russische Soldaten getroffen würden, gäbe es eine sofortige Reaktion aus Russland, das daraufhin die Basen der internationalen Koalition in Syrien und im Irak angreifen würde - einschließlich deutscher Flugplätze.

Jekaterina Timoschenkowa, stellvertretende Leiterin des Zentrums für Deutschland-Studien des Instituts für Europa der Russischen Akademie der Wissenschaften, hielte ein Eingreifen Deutschlands für völkerrechtswidrig und weist dabei auf das Gutachten des Wissenschaftliches Dienstes des Bundestags hin, das dies dieser Tage auch feststellte. "Das würde vor allem dem Image Deutschlands schaden und gegen die Prinzipien des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt verstoßen, nach denen Deutschland zum Frieden mahnt und nicht am Krieg teilnehmen sollte", glaubt die Expertin.

Dass eine Beteiligung Deutschlands an einer Militäroperation in Syrien nicht vorteilhaft wäre, begründet sie auch mit wirtschaftlichen Interessen Deutschlands in Syrien, die wachsende Machtstellung Irans und Russlands in der Region aufzuhalten und vorteilhafte Beziehungen zur Türkei aufzubauen. "Deutschland müsste vielmehr, um seine Interessen zu vertreten, darauf bedacht sein, sich nicht von den USA einspannen zu lassen", sagt sie. "Deutschland könnte an der Rückkehr von Flüchtlingen aus Deutschland nach Syrien und der Wiederherstellung seines Einflusses in Syrien und im Nahen Osten interessiert sein", sagt die Expertin. Wenn es die Position der USA einnehmen würde, würde sein Handlungsspielraum als möglicher Vermittler und Brückenbauer in der Region erheblich eingeschränkt werden.

Liudmila Kotlyarova

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