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Mit über 50 Prozent der Stimmen siegt Ruhani im Iran.
© AFP

Gemäßigter Geistlicher siegt im Iran: Ruhani plant Politik der Aussöhnung und des Friedens

Der gemäßigte Geistliche Hassan Ruhani hat mit über 50 Prozent der Stimmen überraschend die Präsidentschaftswahl im Iran gewonnen. Er wird von einer Welle der Sympathie getragen, die dem ruhigen und introvertierten Kleriker wenige Wochen zuvor noch niemand zugetraut hätte.

Nur wenige mutige Sätze waren es, die ihm am Ende die Herzen der von jahrelanger Tyrannei zermürbten Iraner zufliegen ließen. Es gebe eine „erdrückende Sicherheitsatmosphäre“ im Land, kritisierte Hassan Ruhani und versprach seinen Wählern eine „Charta der Freiheitsrechte“. Er werde alle Schlösser öffnen, die das Leben der Menschen in den letzten acht Jahren angekettet hätten. „Lange leben die Reformen“, skandierte eine begeisterte Menge, als sie dem 64-jährigen Geistlichen bei seiner Schlusskundgebung in der Pilgermetropole Maschad einen enthusiastischen Empfang bereitete.

Seit die Ex-Präsidenten Mohammed Khatami und Ali Akbar Rafsandschani wenige Tage vor der Abstimmung ihr gesamtes politische Prestige hinter den früheren Atomunterhändler geworfen hatten, wurde Hassan Rowhani von einer Welle öffentlicher Sympathie getragen, die den ruhigen und introvertierten Kleriker am Ende bereits in der ersten Wahlrunde zum spektakulären Sieger der iranischen Präsidentenwahl machte.

Geboren wurde Ruhani 1948 in Örtchen Sorkheh östlich von Teheran. Schon als junger Theologiestudent machte er sich einen Namen als politischer Gegner von Schah Reza Pahlevi. Nach seinem Juraexamen in Teheran 1972 promovierte er in Glasgow an der polytechnischen Hochschule, der späteren Caledonian University. Mit der Islamischen Revolution von Ajatollah Khomeini, den er in dessen Exil in Paris kennengelernt hatte, kehrte Ruhani in seine Heimat zurück, arbeitete als Berater im Militär, war Abgeordneter und ideologischer Aufseher des Regimes beim staatlichen Fernsehen.

Unter Präsident Rafsandschani amtierte Ruhani von 1989 bis 1997 als Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrates. In diese Zeit fielen zahlreiche spektakuläre politische Morde an Regimegegnern im Ausland, unter anderem das Mykonos-Attentat in Berlin. Nachfolger Mohammed Khatami ließ ihn im Amt, ernannte ihn 2003 darüber hinaus zum Chefunterhändler der Islamischen Republik mit der internationalen Atomenergiebehörde in Wien (IAEO), nachdem iranische Exilkreise im Jahr zuvor das geheime Atomprogramm Teheran an die Weltöffentlichkeit gebracht hatten. Unter Ruhanis Regie erklärte sich Iran damals bereits, mit der IAEO zu kooperieren und die Urananreicherung zu stoppen.

Von Mahmud Ahmadinedschads aggressiven Atomkurs und großmäuliger Außenpolitik distanzierte sich Ruhani bereits wenige Wochen nach dessen Amtsantritt 2005 und trat von der internationalen Bühne ab. „Wir wollen konstruktive Zusammenarbeit mit der übrigen Welt. Wir werden nicht zulassen, dass das alles weitergeht, wie in den letzten acht Jahren“, versprach der Präsidentschaftskandidat im Wahlkampf unter dem tosenden Beifall seiner Zuhörer. Irans Freunde in der Welt könne man inzwischen an den Fingern einer Hand abzählen, beklagte er, „und das sind alles Staaten, die kein internationales Gewicht und Prestige haben“. Noch nie in der Geschichte seien die Beziehungen zwischen Iran und Europa so frostig gewesen. Ahmadinedschads Politik habe internationale Sanktionen über das Land gebracht und „diese Leute sind auch noch stolz darauf“.

Er aber wolle eine andere Politik – eine Politik der Aussöhnung und des Friedens, versprach er und kündigte an, als Präsident direkte Gespräche mit den Vereinigten Staaten aufzunehmen.

Martin Gehlen

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