27 Tage nach der US-Wahl: Rückschlag für Neuauszählung in Pennsylvania
Gericht verlangt eine Million Dollar Kaution. Grüne US-Präsidentschaftskandidatin Jill Stein hofft nun auf Intervention eines Bundesgerichts. Eine Analyse.
Die grüne US-Präsidentschaftskandidatin Jill Stein hat bei ihrer Bemühung um eine Neuauszählung in drei entscheidenden Staaten einen Rückschlag erlitten. Ein Richter in Pennsylvania verlangt eine Kaution von einer Million Dollar als Sicherheit für die Kosten der Nachzählung. Ein Anwalt Steins erklärte, die Antragsteller seien „normale Bürger“ und könnten die Summe nicht aufbringen. Stein werde die Forderung nicht aufgeben, sondern am Montag ein Bundesgericht anrufen mit dem Antrag, eine Nachzählung für Pennsylvania anzuordnen.
Republikaner feiern juristischen Sieg
In den Rechtsstreit hat sich die regionale Parteigruppe der Republikaner eingeschaltet. Ihr Anwalt Lawrence Tabas wertet das Kautionsurteil als „Anerkennung“ dafür, dass Stein keinen konkreten Hinweis auf eine falsche Auszählung oder Manipulation der Wahlcomputer vorgelegt habe. Er beantragt, ihren Einspruch abzuweisen. Mit den Nachzählungen möchte Stein klären, ob Donald Trump wirklich in Wisconsin, Michigan und Pennsylvania gesiegt hat. Ohne die Wahlmänner, die er dort erhält, wäre nicht er Präsident, sondern Hillary Clinton.
Laut neuer Auszählungsdaten für Pennsylvania ist Trumps Vorsprung inzwischen um rund 20.000 Stimmen gesunken auf 49.537 Stimmen. In Wisconsin führt Trump mit rund 22 000 Stimmen, in Michigan mit rund 10 000 Stimmen.
Stein beruft sich bei der geforderten Nachzählung auf statistische Auffälligkeiten. Die drei Staaten hatten in den letzten sechs Wahlen mehrheitlich für die Demokraten gestimmt. Clinton, die die potenzielle Nutznießerin wäre, sagt zwar, dass sie die Überprüfung unterstütze, hat sich an den Bemühungen aber nicht aktiv beteiligt, sondern lediglich Rechtsanwälte die Ortstermine beobachten lassen.
In Wisconsin hat die Nachzählung begonnen
In Wisconsin und Michigan kommt Stein besser voran. Wisconsin hat mit der Nachzählung von rund drei Millionen Stimmen bereits begonnen. Michigan will am Dienstag anfangen. Noch versucht Trump, das juristisch zu verhindern. Das Gesamtergebnis würde sich jedoch nur ändern, wenn alle drei Staaten Clinton statt Trump zugesprochen werden. Diese Entwicklung war angesichts der rechtlichen Hürden und des Stimmenabstands von Beginn an nicht sehr wahrscheinlich. In Pennsylvania sind die Chancen durch die Gerichtsentscheidung nach Analyse der „New York Times“ und anderer US-Medien weiter gesunken.
Steins Vorstoß hat neben der aktuellen Neuauszählung das Ziel, eine technische und eine rechtliche Reform des Wahlsystems voranzutreiben. Fast überall in den USA füllen die Wähler keinen papiernen Stimmzettel mehr aus, sondern wählen digital an Wahlcomputern. Mancherorts wird dabei nicht einmal mehr ein Papierprotokoll ausgedruckt, mit dessen Hilfe man eine manuelle Nachzählung vornehmen kann. Das gilt auch für einige Wahlkreise in Pennsylvania. Diese technische Lücke will Stein schließen.
Stein strebt eine doppelte Reform des Wahlsystems an
Und sie möchte das Auszählungsprinzip reformieren. Präsident wird nicht, wer die meisten Stimmen landesweit bekommt. Jeder Staat wird einzeln ausgezählt. Der Sieger bekommt alle Wahlmänner dieses Staats zugesprochen. Ihre Zahl orientiert sich an der Einwohnerzahl, bevorteilt aber die dünnbesiedelten Staaten. Clinton bekam landesweit rund 2,5 Millionen Stimmen mehr. Trump führt nach Wahlmännerstimmen 306 zu 232. Einige Staaten haben sich bereits verpflichtet, ihre Wahlmänner der Person zu geben, die landesweit die meisten Stimmen erhält.
Christoph von Marschall