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Der Chef der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU).
© dpa

Europaparlament: Rollentausch in Straßburg

Mit dem Wechsel des bisherigen EU-Parlamentschefs Martin Schulz in die Bundespolitik bekommen die Fraktionschefs in Straßburg mehr Macht. Zu ihnen zählt CSU-Vize Manfred Weber.

In der Krise liegt auch eine Chance. Wenn es jemanden gibt, der dieses Motto für die krisengebeutelte EU ausgibt, dann ist das Manfred Weber. Der stellvertretende CSU-Chef, der in Brüssel und Straßburg seit 2014 im Europaparlament die Fraktion der konservativen EVP leitet, hat allein schon durch sein Amt die zahlreichen europäischen Baustellen im Blick – vom Brexit über das schwierige Verhältnis zu Politikern wie Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan bis zu den Folgen der US-Präsidentschaftswahl für das Selbstverständnis der EU. Zum Jahresbeginn erklärte Weber nun im Deutschlandfunk, vielleicht werde 2017 gerade wegen der vielen Krisen zum „Jahr des europäischen Selbstbewusstseins, des Aufbrechens“. Der 44-Jährige forderte: „Europa muss jetzt erwachsen werden.“

Weber forderte ein Kontingent zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge

Man mag das für Zweckoptimismus halten. Fest steht in jedem Fall, dass Weber die Europäische Union eher als Lösung der zahlreichen globalen Herausforderungen begreift als viele seiner Parteifreunde, die sich ab Mittwoch im bayerischen Kloster Seeon zur Klausur treffen. Weber vertraut dabei auf einen konsensorientierten Ansatz, der ihn auch bei den Sozialdemokraten in Brüssel immer wieder zu einem geschätzten Verhandlungspartner hat werden lassen. Typisch sind dafür Webers Vorstellungen in der Flüchtlingspolitik: Einerseits plädiert er wie Parteichef Horst Seehofer für eine Obergrenze. Gleichzeitig forderte er vor Weihnachten angesichts des Dramas in Aleppo aber auch, dass die EU-Staaten ein Kontingent von 20.000 syrischen Flüchtlingen aufnehmen sollten.

In letzter Zeit hat es mit der Konsenssuche im Europaparlament allerdings etwas gehapert. Unter den Augen von Weber kürten die EVP-Abgeordneten ausgerechnet den Italiener Antonio Tajani zu ihrem Kandidaten für den neuen EU-Parlamentschef, der am 17. Januar in Straßburg gewählt werden soll. Tajani gilt bei Sozialdemokraten, Linken und Grünen im EU-Parlament als schwerer vermittelbar als die übrigen EVP-Kandidaten, die neben dem Italiener angetreten waren.

Mit Schulz' Wechsel gewinnen die Fraktionschefs an Einfluss

So oder so dürfte aber die Wahl des neuen EU-Parlamentspräsidenten eine Veränderung für Webers Rolle in Brüssel mit sich bringen. Mit dem Wechsel des bisherigen Amtsinhabers Martin Schulz (SPD) in die Bundespolitik werden künftig wieder stärkere Impulse von den Fraktionschefs erwartet. Weber hat nichts dagegen – im Gegenteil.

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