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Die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen und Finanzministerin in Schleswig-Holstein, Monika Heinold, und der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir
© dpa/Soeren Stache

Landtagswahl Schleswig-Holstein: Ringen um die Regierung

Grüne und FDP haben in Schleswig-Holstein in der Hand, wer der nächste Ministerpräsident wird. Die Grünen favorisieren die Ampel, die FDP will lieber Jamaika.

Zumindest eines ist am Tag nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein klar: Eine schnelle Regierungsbildung wird es nicht geben, dazu ist die Gemengelage zu kompliziert. Angesichts des bevorstehenden Koalitionspokers fühlt sich der Grünen-Landtagsabgeordnete Rasmus Andresen bereits an die US-Politserie House of Cards erinnert. Die sei nichts gegen das schleswig-holsteinische Gesamtergebnis, sagt Andresen.

Wer der nächste Ministerpräsident in Kiel wird, haben in den nächsten Wochen Grüne und FDP in der Hand: Die beiden Parteien, die zusammen auf knapp 25 Prozent der Stimmen kommen, könnten den CDU-Mann Daniel Günther in einer Jamaika-Koalition zum Ministerpräsidenten machen. Sie könnten aber auch der SPD in einer Ampel wieder zur Macht verhelfen. Als dritte Variante wäre grundsätzlich auch eine große Koalition denkbar. Doch von dieser Möglichkeit ist man weder in der SPD noch in der CDU sonderlich begeistert. „Die große Koalition will kein Mensch“, bringt Grünen-Spitzenkandidatin Monika Heinold die Stimmung auf den Punkt.
Bleiben also Jamaika und die Ampel. Doch am Tag nach der Wahl lassen FDP und Grüne erst einmal unterschiedliche Präferenzen erkennen. „Die Ampel wäre uns deutlich lieber“, sagt Heinold. Die Verbundenheit der Grünen zur SPD sei größer als zur CDU. „Aber wir schließen Jamaika nicht aus“, fügt sie hinzu.

FDP-Mann Kubicki schließt Ampel unter Führung von Torsten Albig aus

Bei FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki sehen die Vorlieben ganz anders aus. Im Wahlkampf hatte er eine Zusammenarbeit mit der SPD nicht kategorisch ausgeschlossen. Doch am Tag nach der Wahl schlägt er die Tür für eine Ampel weitgehend zu. Die Wahrscheinlichkeit für ein solches Bündnis tendiere „gegen null“, sagte Kubicki. „Und unter Führung von Torsten Albig ist sie wirklich ausgeschlossen“, fügte er hinzu. Der bisherige SPD-Ministerpräsident werde nicht nur nicht geliebt, seine anmaßende Haltung werde in vielen Fällen geradezu abgelehnt, sagt Kubicki.

Jamaika kann der FDP-Fraktionschef sich hingegen gut vorstellen. Das Verhältnis von FDP und Grünen in Kiel sei „entspannter als anderswo“, sagt Kubicki. Er sehe „keine unüberwindlichen Hindernisse“ für eine Koalition mit den Grünen. Bei den Grünen hatte Umweltminister Robert Habeck am Wahlabend deutlich gemacht, dass es „Gemeinsamkeiten“ mit den Liberalen gebe. Seine Kabinettskollegin, Finanzministerin Heinold sagte am Montag, ihr Verhältnis zur FDP sei „nüchtern und abgeklärt“.

Den Grünen im Norden ist klar, dass angesichts der SPD-Verluste eine Ampel schwerer zu begründen wäre als Jamaika. Doch sie wollen es trotzdem nicht unversucht lassen. Schließlich wissen sie auch, dass Jamaika die Partei vor eine Zerreißprobe stellen könnte. An der Basis wäre ein solches Bündnis nicht sonderlich beliebt. Auf Landesebene gab es Jamaika erst einmal im Saarland, in den Jahren 2009 bis 2011. Nach zwei Jahren Regierungszeit zerbrach die Koalition wegen der Zerstrittenheit der FDP.

Der Preis, den die Grünen in Kiel für den Eintritt in ein Jamaika-Bündnis fordern würden, wäre also vermutlich hoch. Umweltminister Habeck machte am Montag deutlich, welche Anforderungen eine solche Koalition erfüllen müsse. Die Grünen seien „bereit, Teil einer Regierung zu sein, wenn sie auch zu unserer Idee von Gesellschaft und Politik passt“, sagte er. Sie müsse „ökologisch, sozial und weltoffen“ sein. „Wenn das funktioniert, dann machen wir mit.“ Zur CDU gebe es noch erhebliche Differenzen, die der Wahlkampf eher größer gemacht habe, sagte Habeck. Von der Energiewende bis zur Einwanderungspolitik habe Spitzenkandidat Günther „Pflöcke eingeschlagen, die man jetzt so schnell nicht mehr aus der Erde rauskriegen kann.“

In Grünen-Kreisen hieß es, als erstes müssten sich nun Grüne und FDP zusammen setzen, um Gemeinsamkeiten auszuloten. Dass schnell Bewegung in den Kieler Koalitionspoker kommt. gilt aber als unwahrscheinlich. Schließlich wird am kommenden Sonntag in Nordrhein-Westfalen gewählt. Im Gegensatz zu Schleswig-Holstein ist es hier vor der Wahl zu einer stärkeren Lagerbildung gekommen. In NRW schließt der dortige FDP-Spitzenkandidat und Parteichef Christian Lindner eine Ampel aus. Umgekehrt haben die Grünen auf einem kleinen Parteitag am Wochenende beschlossen, dass sie weder mit der FDP noch der CDU regieren wollen.

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