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Der konservative Politiker Reuven Rivlin folgt Schimon Peres im Amt des Staatspräsidenten nach.
© AFP

Israels neuer Präsident: Reuven Rivlin - der edle Ritter

Israels 10. Präsident heißt Reuven Rivlin. Der 74-Jährige von der regierenden rechtsorientierten Likud-Partei siegte am Dienstag bei einer Stichwahl im Parlament

"Aus Jerusalem!" ist wohl die erste Assoziation der meisten Israelis, wenn sie den Namen ihres neuen Präsidenten Reuven Rivlin hören. Jedes Mal, wenn der 74 Jahre alte Politiker interviewt wird, beginnt er das Gespräch indem er in heiter-patriotischem Tonfall proklamiert, wo er sich gerade befindet. Sein Wohnort ist Programmpunkt, eine der wenigen Berührungspunkte zwischen Rivlin und Premier Benjamin Netanjahu. Denn die Parteifreunde scheinen sich inzwischen nur noch in einer Frage einig zu sein: dass Jerusalem auf ewig Israels unteilbare Hauptstadt bleiben soll. Ansonsten sind sich die beiden Staatsspitzen seit langem Spinnefeind.

Dabei haben Rivlin und Netanjahu manches gemein. Als Kinder alteingesessener Jerusalemer Familien haben sie viele gemeinsame Bekannte und Jugenderinnerungen. Beide machten anfangs als Offiziere in Eliteeinheiten der israelischen Armee Karriere, traten später in die rechte Likud-Partei ein. Doch hier enden die Parallelen. Netanjahu wurde schnell Medienstar. Als selbstbewusster, maskuliner Vertreter der Idee eines Großisraels erlebte er einen kometenhaften Aufstieg. Netanjahu polarisiert, wird geliebt und gehasst.

Rivlin hingegen scheint außerstande, derartige Emotionen zu wecken. Der gemütliche, überzeugte Vegetarier mit der prominenten Nase wirkt bedrohlich wie ein Gartenzwerg. Und ganz im Gegensatz zu Netanjahu, der schnell zu einem Mann von Welt wurde, der die Annehmlichkeiten des Jetsets zu schätzen weiß, teure Zigarren raucht, zehntausende Euro im Jahr für den Unterhalt seiner Residenz ausgeben lässt und nur an den besten Adressen übernachtet, blieb Rivlin Zeit seines Lebens bodenständig und bescheiden. Als einziger, der vor den Wahlen seine volle Steuererklärung veröffentlichte, entblößte er sich als Mann der unteren Mittelklasse, der nichts besitzt außer einer kleinen Wohnung in Jerusalem und einem Mittelklassewagen.

Benjamin Netanjahu dürfte Schimon Peres bald vermissen

Doch so mittelständig sein Vermögen sein mag, so extrem sind Rivlins politische Ansichten. Er war gegen die Räumung des Gazastreifens, ist ein Gegner der Zwei-Staaten Lösung, und er wird alles tun, um eine Teilung Jerusalems zu verhindern. Während Netanjahu seine Fahne oft nach dem Wind hängt, und sich zumindest offiziell zur Zwei-Staaten Lösung bekennt, blieb Rivlin Vollblutideologe, einer der letzten konsequenten Vertreter der Idee, dass es westlich des Jordans nur den Staat Israel geben darf. Doch trotz seiner harten Meinung blieb er in allen seinen Ämtern, auch als Parlamentspräsident, Gentleman. Nichts charakterisiert ihn mehr als sein Verhalten während der Präsidentenwahl 2007, als er als einziger Gegenkandidat Schimon Peres in der Stichwahl seine Kandidatur zurückzog und mit Tränen in den Augen zur Einheit im Volk mit den Worten aufrief: "Lang lebe unser Präsident!"

Rivlin dürfte es diesen beiden Eigenschaften zu verdanken haben, dass er gestern in der Knesset die Wahl gewann. In einer Zeit, in der israelische Minister reihenweise der Korruption überführt wurden, gilt sein zertifizierter Anstand und Bescheidenheit – Nichtregierungsorganisationen ernannten ihn 2012 zum "Ritter redlicher Verwaltung" – als löbliche Ausnahme. Und mit seiner Fairness und seiner Bereitschaft, auch seine politischen Widersacher anzuhören, gewann er selbst in arabischen Oppositionsparteien Freunde. Doch gerade mit dieser Integrität und der Bereitschaft, offen für seine Meinung einzutreten, machte er sich den Premier Netanjahu zum Feind. Denn dem wurde er zur lästigen Opposition im Likud, und als Parlamentspräsident zur Geißel.
Das wird nicht der einzige Grund sein, weshalb Netanjahu den scheidenden Peres schon bald vermissen dürfte. Denn der Friedensnobelpreisträger galt international als Israels wichtigster Diplomat, als Garant dafür, dass der Judenstaat insgeheim doch noch eine Zwei-Staaten Lösung mit den Palästinensern anstrebt. Mit dem bekennenden Siedlerfreund Rivlin im Amt des Präsidenten ist dem Netanjahu dieses diplomatische Feigenblatt verlorengegangen.

Von Gil Yaron

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