Wahlkampf in den USA: Republikanischer Bürgerkrieg
Für oder gegen Donald Trump: Der Machtkampf spaltet Amerikas konservative Partei. Eine Analyse
Frei nach Bertolt Brecht: Die Wähler haben das Vertrauen der Parteiführung verscherzt. Wäre es da nicht einfacher, die Führung löste die Partei auf und wählte eine andere Basis?
Der Aufstieg des Rechtspopulisten Donald Trump und die Aussicht, dass er die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gewinnt, haben die Parteiführung erst ratlos gemacht – nun droht die Entwicklung die Partei zu spalten. Da zeigen sich die Risiken der Basisdemokratie. Die Beteiligung der Bürger an der Auswahl der Spitzenkandidaten ist in den USA viel breiter als in Deutschland. Umso gravierender sind die Folgen, wenn Führung und (Teile der) Basis unterschiedliche Wege einschlagen wollen.
Nach Vorwahlen in einem Drittel der Bundesstaaten ist Trump einerseits der Kandidat mit der breitesten Unterstützung, sowohl in den Umfragen als auch bei der Zahl der Delegierten. Andererseits scheint die Zustimmung zu ihm bei rund 35 Prozent gedeckelt zu sein. Die übliche Dynamik, dass sich im Laufe der Vorwahlen ein Favorit herausschält, dem sich die Wähler nach und nach anschließen, kann Trump bisher nicht auslösen.
Seine Anhänger sagen, er habe den Republikanern einen beispiellosen Zulauf an neuen Wählern beschert. An ihren Vorwahlen nehmen anderthalb Mal bis doppelt so viele Bürger teil wie in früheren Wahljahren. Die Mobilisierung sei Trump zu verdanken und führe zum Sieg über die Demokraten.
Die Parteiführung sieht es anders. 35 Prozent mögen genügen, um in den Vorwahlen die absolute Mehrheit der Delegierten und die Nominierung als Präsidentschaftskandidat zu gewinnen – aber nicht für den Sieg in der Hauptwahl.
Es gibt dreifache Bedenken gegen Trump: Er habe weder politische Substanz noch Erfahrung. Mit seinen populistischen Versprechen und seinem demagogischen Stil schrecke er mehr Wähler ab, als er anziehe. Über 50 Prozent wollen ihn laut Umfragen nicht wählen. Mit ihm werden die Republikaner eine krachende Niederlage erleiden – nicht nur im Kampf ums Weiße Haus. Sondern er mache es auch den Abgeordneten und Senatoren bei der parallelen Kongresswahl schwerer, ihre Sitze zu verteidigen. Deshalb ist der Widerstand aus dem Parteiapparat gegen Trump jetzt so breit und vehement. Was wiederum seine Anhänger empört: Seit wann gibt die Partei Empfehlungen für oder gegen Kandidaten ab und bezeichnet einen sogar als unwählbar?
Parteihistoriker erinnern sich an die bürgerkriegsähnlichen Zustände bei den Demokraten 1968 und 1972. Deren Parteikongresse waren damals geprägt vom Protest gegen den Vietnamkrieg. 1968 in Chicago ging es verbal ähnlich wüst zu wie jetzt bei den Republikanern. Draußen brannten die Barrikaden, und es gab blutige Polizeieinsätze. Die Partei nominierte einen Moderaten, Hubert Humphrey. Er verlor gegen Richard Nixon. 1972 setzte sich ein Linkspopulist durch, George McGovern. Die Partei verlor erneut krachend. Erst Nixons Watergate-Skandal eröffnete ihr neue Machtchancen. 1976 gewann Jimmy Carter. Trump könnte den Republikanern ein ähnliches Schicksal bescheren. Wird Trump Kandidat, droht ein gespaltener Parteitag im Juli in Cleveland.