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Gegrummel im Saal. Jens Spahn beim Ärztetag in Erfurt.
© Monika Skolimowska/dpa

Jens Spahn beim Ärztetag: Rempeln für die Patienten

Beim Ärztetag hat der neue Gesundheitsminister Zähne gezeigt. Kein Wunder, denn nach seinem Nein zur Bürgerversicherung muss er sich daran messen lassen, was er auf anderem Wege für Kassenpatienten erreicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Rainer Woratschka

Die Ansage der Funktionäre war unmissverständlich: Ohne zusätzliches Honorar werde kein Mediziner für Kassenpatienten auch nur eine Stunde länger arbeiten. Ein klassischer Interessenskonflikt mit der Politik, die natürlich darauf achten muss, dass die Vertragsärzte ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen.

Der Ton ist rauer geworden

Interessant ist aber der Ton, den die Mediziner neuerdings wieder anschlagen. Er ist rauer geworden, wie Jens Spahn beim Ärztetag in Erfurt erfahren durfte. Überraschend ist das nicht. Der neue Gesundheitsminister ist ein anderer Typ als sein Vorgänger, eher Rempler als Schmusebär. Er muss die Rechnung für Hermann Gröhes Großzügigkeiten bezahlen. Und er hat politischen Ehrgeiz über seinen derzeitigen Posten hinaus.

Nachdem die Union die mehrheitlich gewünschte Bürgerversicherung so selbstbewusst verhindert hat, muss sich Spahn daran messen lassen, was er im bestehenden System für die untergebutterten Kassenpatienten erreicht. Beim Plan, die verpflichtende Sprechstundenzeit für gesetzlich Versicherte um fünf Stunden pro Woche zu erhöhen, geht es darum, die offensichtliche Bevorzugung von Privatpatienten bei der Vergabe von Arztterminen zurückzufahren. Das wird nicht kostenfrei zu haben sein.

Nötige Kontrolle oder Schikane?

Um die Vorgabe durchzusetzen, bedarf es außerdem der Kontrolle und Sanktionierung - was selbstbewusste Mediziner schnell als Schikane empfinden werden.

Dazu kommt die überfällige Digitalisierung des Systems, die von den Ärzten bisher erfolgreich ausgesessen wurde. Das alles wird Ärger geben. Und es wird zeigen, ob der forsche Minister nicht nur rempeln, sondern auch moderieren und einen Interessenausgleich hinbekommen kann.

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