Energiewende: Regierung erwägt Abschaffung der Atomsteuer
Gibt es beim Atomausstieg einen "Deal" mit den Konzernen? Die Regierung erwägt die Abschaffung der Atomsteuer, damit die Konzerne mehr in Ökoenergien investieren können. Doch in der FDP und bei Unions-Haushältern gibt es Widerstand dagegen.
Im Zuge des Atomausstiegs erwägt die Regierung ein Aus für die von den AKW-Betreibern zu zahlende Brennelementesteuer. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch in Berlin aus Koalitionskreisen. Die "Financial Times Deutschland" berichtete unter Berufung auf Koalitionspolitiker: "Es läuft alles auf eine Abschaffung hinaus." Zur Begründung heißt es, die Konzerne könnten sonst nicht mehr in alternative Energiequellen investieren. Aber es gibt Widerstand bei der FDP und Unions-Haushältern.
Mit einem Aus für die Steuer, die bis zu 2,3 Milliarden Euro pro Jahr bringen sollte, könnten die Konzerne von Klagen abgehalten werden, die sich gegen ein Aus für alte Meiler und die geplante Rücknahme der Laufzeitverlängerung richten. In Koalitionskreisen wird aber befürchtet, dass Union und FDP ein "Deal" mit den Konzernen vorgeworfen werden könnte.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich bisher gegen hohe Einnahmeausfälle durch die Energiewende gesperrt und sogar eine Erhöhung der Steuer erwogen, da bei weniger Atomkraftwerken am Netz auch die Einnahmen sinken würden. Die Konzerne bekämpfen die Steuer seit ihrer Einführung im vergangenen Jahr vehement.
Die Regierung hatte betont, dass die Steuer unter anderem zur milliardenschweren Sanierung des maroden Atomlagers Asse verwendet werden solle, sie werde unabhängig von der Laufzeitverlängerung erhoben. Zur Abschöpfung der Gewinne aus dem Laufzeitplus war ein Fonds zum Ausbau der erneuerbaren Energien eingerichtet worden, in den die Konzerne vor allem nach dem Auslaufen der Steuer Ende 2016 Milliarden einzahlen sollten. Auch diese Zahlungen, die im umstrittenen Atomvertrag mit den Konzernen vereinbart worden waren, würden bei einem Atomausstieg gemäß des Vertragstextes nichtig. Wie die dpa erfuhr, hat es noch keine konkreten Gespräche mit den Energieunternehmern über die Zukunft der Atomsteuer gegeben. Die Entscheidungen über die Zahlungen und den Atomausstieg könnten am Sonntag bei einer Spitzenrunde im Kanzleramt fallen.
FDP will an Steuer festhalten
Die FDP will im Zuge des Atomausstiegs an der Steuer für die AKW-Betreiber festhalten. "Die FDP hat keine Pläne zur Abschaffung der Kernbrennstoffsteuer", sagte der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kauch. "Es gab bei ihrer Einführung in der Gesetzesbegründung keine Koppelung an die Laufzeitverlängerung." Laut Koalitionsvertrag seien die Energieversorger vielmehr an den Kosten der Sanierung des Endlagers Asse zu beteiligen. Zudem sei der Beitrag der Kraftwerksbetreiber Teil des Sparpakets zur Haushaltssanierung. "Ein schlichter Verzicht darauf ist nicht möglich", betonte Kauch.
Auch die Haushaltspolitiker der Union warnen davor, auf die Atomsteuer zu verzichten. "Ich sehe das sehr kritisch", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), der "Stuttgarter Zeitung".
Die FDP forderte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf, ein Konzept für die finanziellen Folgen der Energiewende vorzulegen. Schäuble müsse beim Koalitionsausschuss an diesem Sonntag ein Zahlentableau vorlegen: "So stelle ich mir das vor", sagte FDP- Fraktionschef Rainer Brüderle in Berlin. Zur möglichen Abschaffung der Atomsteuer sagte Brüderle: "So eine Aussage kenne ich nicht." Sollte die Steuer gekippt werden, dürfte der von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) angestrebte Konsens mit der Opposition schwierig werden.
"Merkel und Schwarz-Gelb können es nicht lassen: Die Atomkonzerne sollen also weiter Milliardengeschenke erhalten, die den Wettbewerb verzerren und die Steuerzahler belasten", sagte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber. Linke-Chefin Gesine Lötzsch sagte zu den Gedankenspielen: "Die Bundesregierung erklärt immer wieder, dass sie kleine und mittlere Einkommen entlasten wolle. Aber in Wirklichkeit macht sie eine Steuerreform zugunsten von Banken und Atomkonzernen." (dpa)