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Johannes Siebner.
© picture alliance / dpa

Kirche: Reformer nach vorne

Johannes Siebner, gebürtiger Berliner und Rektor des Bonner Aloisiuskollegs wird Chef der deutschen Jesuiten. Ein kleines Porträt.

Johannes Siebner ist 55 Jahre alt, hat eine hohe Stirn und freundliche Augen. 2017 wird er Chef von 350 Männern, die Schulen leiten, sich im kulturellen Bereich engagieren und sich um Flüchtlinge, Arme und Ausgegrenzte kümmern. Johannes Siebner wird Chef der deutschen Jesuiten.

Seine erste Eindrücke von den Ordensmännern sammelte er auf dem Berliner Canisius-Kolleg, wo er 1980 Abitur machte. Danach studierte Siebner an der Freien Universität Politik, engagierte sich in der Friedensbewegung und hatte eine Freundin.

Während des Libanonkriegs 1982 lebte er in Israel im Kibbuz. Was er dort erlebte, trug dazu bei, dass er mit Mitte 20 sein Leben radikal änderte: Er trat in den Jesuitenorden ein und schwor, lebenslang arm und keusch zu bleiben und sich für Frieden einzusetzen. In seiner neuen Familie habe er viel Vertrauen, Halt und Freundschaft gefunden, sagt er. Es gab aber auch Konflikte und Zeiten der Entfernung und des Zweifels.

Siebner ist ein Vertrauter von Pater Mertes

Er arbeitete als Jugendseelsorger an der Hamburger St. Ansgar Schule, einer der vier Jesuitengymnasien in Deutschland. Dann wurde er Rektor des Jesuitenkollegs in St. Blasien, 2011 wechselte er zum Aloisiuskolleg in Bonn.

2010 machte der Berliner Jesuit Klaus Mertes öffentlich, dass am Canisius-Kolleg in den 70er und 80er Jahren systematisch Jugendliche missbraucht wurden. Die Nachricht traf Siebner sehr. Er hatte Glück gehabt, war in Ruhe gelassen worden, doch er kannte die Mitschüler, die gelitten hatten. Er war einer von ihnen und repräsentierte nun als Jesuit die Täterorganisation. Das war für ihn und die früheren Mitschüler nicht einfach.

Mertes wurde für seine Offenheit sehr kritisiert innerhalb des Ordens und seitens der katholischen Kirche. Indirekt hat sich sein Reformkurs nun doch durchgesetzt. Siebner ist ein Freund von Mertes.

Auch am Bonner Aloisiuskolleg gab es Missbrauch. Siebner führte als Rektor Kontrollinstanzen ein und versucht, eine Kultur der Transparenz zu etablieren und Vertrauen zurückzugewinnen. Er geht dabei geduldig und entschieden vor und sagt: „Nur, wenn sich in den Köpfen und Herzen etwas tut, ist die Veränderung nachhaltig. Mit Furor stellt man keinen Frieden her.“ Geduld und Entschiedenheit wird er auch künftig brauchen. Als Deutschland-Chef muss er die Zusammenlegung der Jesuiten-Provinzen von Deutschland, Österreich, der Schweiz, Ungarn und Litauen vorbereiten.

Claudia Keller

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