Präsidentschaftswahl: Rechtspopulist Bolsonaro gewinnt erste Wahlrunde in Brasilien
Der ultrarechte Jair Bolsonaro will als Präsident Brasiliens mit harter Hand durchgreifen. In der ersten Wahlrunde verpasst er die absolute Mehrheit nur knapp.
Brasiliens Wutbürger haben gesprochen: Empört von Korruption, Gewalt und Misswirtschaft haben sie den etablierten Parteien und Politikern an der Urne einen Denkzettel verpasst und dem ultrarechten Ex-Militär Jair Bolsonaro zum Triumph verholfen. Mit 46,21 Prozent der Stimmen gewann der Rechtspopulist am Sonntag klar die erste Runde der Präsidentenwahl in Brasilien. „Ich bin mir sicher, dass wir auch die Stichwahl gewinnen. Bis zum Sieg - so Gott will“, sagte er in einem auf Facebook veröffentlichten Video.
An zweiter Stelle lag Fernando Haddad von der linken Arbeiterpartei mit 28,97 Prozent der Stimmen. Der linke Bewerber Ciro Gomes kam auf 12,50 Prozent, der Mitte-Rechts-Kandidat Geraldo Alckmin auf 4,78 Prozent. Für Henrique Meirelles, Wunschkandidat des amtierenden Staatschefs Michel Temer, stimmten sogar nur 1,21 Prozent der Wähler.
Kurzzeitig sah es sogar so aus, als könnte Bolsonaro gleich im ersten Wahlgang den Einzug in den Präsidentenpalast schaffen. „Am 28. Oktober gehe ich an den Strand“, tönte er am Wahltag noch. Jetzt allerdings muss er in drei Wochen gegen den Zweitplatzierten Haddad in die Stichwahl. „Ich will alle Demokraten Brasiliens vereinen“, sagte Haddad. „Das Ergebnis zeigt, in welcher Gefahr sich Brasilien befindet.“
Der Ex-Militär Bolsonaro spricht öfter abfällig über Minderheiten und lobt die Militärdiktatur (1964-1985). Angesichts der ausufernden Kriminalität kommen die Forderungen Bolsonaros, genannt „Trump Brasiliens“, nach einer Politik der harten Hand bei vielen Wählern gut an. „Er wird den Banditen geben, was sie verdienen: Kugeln“, sagte Cássio Freire, der mit Dutzenden anderen Anhängern von Bolsonaro zu dessen Haus in Rio de Janeiro gekommen war.
Nachdem ein geistig verwirrter Mann Bolsonaro vor einigen Wochen bei einer Wahlkampfveranstaltung mit einem Messer verletzt hatte, war sein Mythos sogar noch weiter gewachsen. Mit seinen frauenfeindlichen Sprüchen und abfälligen Bemerkungen über Afrobrasilianer polarisiert er allerdings auch sehr stark. Zuletzt hatten in mehreren Städten Tausende Menschen gegen den umstrittenen Kandidaten protestiert.
Tief gespaltenes Land
São Paulos früherer Bürgermeister Haddad ging für die linke Arbeiterpartei PT von Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ins Rennen. Zunächst wollte der wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilte Lula selbst antreten, dann aber untersagte ein Gericht die Bewerbung des noch immer populären Politikers. Haddad ist zwar nicht so charismatisch wie sein politischen Ziehvater, ein bisschen von seinem Glanz fällt aber auch auf ihn ab.
Viele stimmten wohl auch für Haddad, um den Rechtspopulisten Bolsonaro zu verhindern. „Ich habe Haddad gewählt“, sagte der 20-jährige Rafael de Jesus nach seiner ersten Wahl in São Paulo. „Nicht, dass ich ihn gut finde, aber er ist der am wenigsten Schlechte.“
Die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas steckt in einer schweren Krise. Zahlreiche Politiker sind in Korruptionsskandale verwickelt, die Wirtschaft läuft nur schleppend und die Gewalt nimmt immer weiter zu. Über 60.000 Menschen wurden im vergangenen Jahr getötet - in den Favelas liefern sich Drogenbanden und die Sicherheitskräfte regelmäßig stundenlange Schießereien.
Das Land ist tief gespalten. Fast religiös ist die Verehrung vieler armer Brasilianer für Ex-Präsident Lula und seine Arbeiterpartei, die sie mit milliardenschweren Sozialprogrammen aus der bittersten Armut geholt haben. In der Mittel- und Oberschicht hingegen herrscht tiefes Misstrauen gegenüber den Linken, die sich in den Boomjahren selbst die Taschen füllten.
Bolsonaro stellt sich als Anti-System-Kandidat dar, der mit dem Politzirkus nichts zu tun hat. „Ich werde den Saustall Brasília ausmisten“, versprach der Hauptmann der Reserve. Dabei ist der 63-Jährige selbst ein Insider: Seit fast drei Jahrzehnten mischt er in der Politik mit, saß für neun verschiedene Parteien im Parlament. Allerdings wurde er bislang nie mit den großen Korruptionsskandalen in Verbindung gebracht. (Denis Düttmann, dpa)