Koalitionen zwischen AfD und CDU?: Rechts der Union - aber (vorerst) nicht mit ihr
Der CDU-Altvordere Erwin Teufel hält Koalitionen mit der AfD für möglich. In Sachsen, wo in zwei Wochen gewählt wird, wird es nicht dazu kommen. CDU und AfD haben ihre Gründe dafür.
Stanislaw Tillich wird sich nicht gefreut haben über die Sätze des CDU-Altvorderen Erwin Teufel über die AfD. Denn der sächsische Ministerpräsident redet im Wahlkampf (gewählt wird am 31. August) am liebsten gar nicht über die neue Konkurrenz. Bloß nicht aufwerten, bloß keine Debatten über das Verhältnis zu der neuen Gruppierung, die Protestwähler anziehen wird. Die Sachsen-Union hofft wohl darauf, dass die AfD scheitert. Denn wenn wegen der Fünfprozenthürde viele Stimmen unter den Tisch fallen (die FDP kämpft schwer, auch die NPD ist nicht sicher wieder im Landtag), dann könnte es vielleicht knapp zu einer Alleinregierung reichen.
Teufel: Abwarten, wie sich AfD entwickelt
Ausgerechnet jetzt aber hat der frühere baden-württembergische Regierungschef im „Spiegel“ einiges dazu gesagt und die Parteilinie durchbrochen. Teufel ist dafür, dass die CDU über Koalitionen mit der AfD nachdenkt. Nicht gleich zwar, das dürfte Tillich mit Erleichterung gelesen haben, wohl aber in zwei, drei Jahren, also zur nächsten Bundestagswahl hin. Vorher müsse sich die AfD bewähren, im EU-Parlament und den Landtagen (wo sie bisher noch nicht vertreten ist). AfD-Mitglieder sollten nicht ausgegrenzt werden, fordert Teufel. Die euro-kritische Partei sieht er zudem nicht am rechten Rand, im Gegensatz zu vielen CDU-Führungspolitikern.
In Sachsen schickt sich die neue Partei nun an, ins erste Landesparlament einzuziehen. Aktuelle Umfragen sehen sie zwischen fünf und sechs Prozent. Spitzenkandidatin ist die Bundessprecherin Frauke Petry. Teufels Äußerungen gefallen ihr. „Wir freuen uns, dass es in der CDU noch Politiker gibt, die sachlich argumentieren und nicht auf der Angstschiene“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Die Diskussion in der CDU über das Verhältnis zur AfD ist offenkundig nicht beendet.“ An eine Koalition in Sachsen glaubt sie aber nicht. „Ich gehe nicht davon aus, dass Ministerpräsident Tillich auf uns zukommen wird. Wir drängen im Falle eines Einzugs in den Landtag auch nicht unbedingt in die Regierungsverantwortung." Wichtiger als der kurzfristige Erfolg sei zunächst der stabile Aufbau der Partei in ganz Deutschland. Es ist die Strategie der Aufsteiger: Erst einmal in der Opposition konsolidieren und stärker werden, sich nicht als unerfahrene Kraft im Regierungsgeschäft aufreiben.
In Baden-Württemberg wird abgegrenzt
In Baden-Württemberg ist die abwartende Offenheit Teufels in der CDU-Führung nicht verbreitet. Dort ist ein Urteil längst gefällt. Am weitesten geht Bundestagsfraktionschef Volker Kauder, der sich nicht einmal in eine Talkshow mit Vertretern der Euro-Kritiker setzen will. Er empfiehlt seiner Partei schlicht, die AfD zu ignorieren. Mit dieser Strategie sei man gegenüber den Republikanern, die in den 90er Jahren zweimal in den Stuttgarter Landtag gewählt worden waren, letztlich gut gefahren. Auch der Landesvorsitzende Thomas Strobl hält eine Zusammenarbeit oder gar eine Koalition für nicht denkbar: „Die AfD geht nicht zusammen mit der CDU, weil sie nicht mit der Wirklichkeit zusammengeht“, sagt Strobl. Er verweist darauf, dass gerade Baden-Württemberg extrem vom Euro profitiere. Die CDU müsse aber Themen der AfD wie die innere Sicherheit ernst nehmen. Auch Strobls innerparteilicher Konkurrent um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2016, Landtagspräsident Guido Wolf, wackelt da nicht. Zwar stelle die AfD Leute ins Schaufenster, die bürgerlich daher kämen, dahinter aber würden populistische Inhalte aufgebaut.
AfD stark in ehemaligen Republikaner-Hochburgen
In diese Kerbe haut auch der FDP-Landesvorsitzende Michael Theurer, dessen Partei freilich die Konkurrenz der AfD besonders fürchten muss: „Die AfD ist keine liberale, sondern eine rechtsnationale Partei, die am rechten Rand der Union um Stimmen buhlt“, sagte Theurer dem Tagesspiegel. Die CDU würde einen großen Fehler machen, machte sie die AfD hoffähig. Dass es mit dem bürgerlichen Eindruck der AfD möglicherweise nicht so weit her ist, wie es ihr frisch gewählter Europa-Abgeordneter, der frühere Tübinger Wirtschaftsprofessor Joachim Starbatty gern hätte, zeigt ein Vergleich ihrer Hochburgen bei der Europawahl im Mai und jener der rechtsradikalen Republikaner 1992: Vier von fünf Wahlkreisen sind identisch. Das republikweit beste Ergebnis mit 14,5 Prozent holte die AfD in Pforzheim, der stärksten Hochburg der Republikaner mit damals 18,8 Prozent.