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Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD) erstattet Bericht.
© Reuters

NSU-Untersuchungsausschuss: Rechte Terroristen waren keine V-Leute

Abgeordnete des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag sichten Akten zur „Operation Rennsteig“. Dabei wird klar: weder Uwe Böhnhardt noch Uwe Mundlos oder Beate Zschäpe waren V-Leute.

Zweieinhalb Stunden haben die fünf Obleute der Fraktionen im Bundestags-Untersuchungsausschuss am Mittwoch in der Außenstelle des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Berlin-Treptow verbracht. 45 Aktenordner haben sie zwar jeder für sich aber in einem Raum durchforstet. „So gut es eben in dieser Zeit geht“, schränkten sie ein.

Zumindest in einem waren sich danach alle einig: Unter den acht vom Bundesamt angeworbenen V-Leuten für die „Operation Rennsteig“ in Thüringen war kein Mitglied des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) – also weder Uwe Böhnhardt noch Uwe Mundlos oder Beate Zschäpe. Dass die Abgeordneten die Klarnamen der V-Leute in den ungeschwärzten Akten sehen konnten, bezeichnete CDU-Obmann Clemens Binninger als „einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik“.

Für ihn ist das Vertrauen in den Verfassungsschutz wieder hergestellt. Auch weil die von einem Referatsleiter geschredderten Akten zum Teil wieder rekonstruiert wurden. SPD-Obfrau Eva Högl sagte, dass der Einblick in die ungeschwärzten Akten wichtig gewesen sei, „um Verschwörungstheorien den Boden zu entziehen“. Allerdings kündigten alle an, dass man noch einmal in die Akten schauen werde und einhellig kritisierten sie, dass die Akten vom Bundesinnenministerium nur für so kurze Zeit zur Verfügung gestellt worden sind.

Die Opfer der NSU-Terroristen:

FDP-Obmann Hartfrid Wolff sagte, dass er sich „kein umfassendes Bild“ machen konnte. Vor allem wollen die Abgeordneten Einsicht in Akten des Militärischen Abschirmdienstes bekommen, der zusammen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz Thüringen an der Aktion beteiligt und sogar für Jena verantwortlich war. Auch der Obmann der Grünen, Wolfgang Wieland, wollte noch keine Entwarnung geben. Noch immer sei unklar, ob wirklich alle V-Leute auch aktenkundig seien. „Die Sache ist noch nicht restlos aufgeklärt.“

Video: Zwickauer Neonazis keine V-Leute

Das Studium der Akten diente den Abgeordneten zur Vorbereitung der Ausschusssitzung an diesem Donnerstag. Nicht nur der scheidende Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm wird vor dem Ausschuss in öffentlicher Sitzung aussagen, zuvor wird – nicht öffentlich – auch der Referatsleiter des BfV vernommen, der angeordnet hatte, Akten zur „Operation Rennsteig“ schreddern zu lassen – wenige Tage, nachdem die NSU aufgeflogen war. Schon jetzt ist eine intensive Debatte darüber entbrannt, welche Folgen diese Pannen für die Sicherheitsbehörden haben. Högl meint, dass die Sicherheitsbehörden „auf dem rechten Auge blind“ waren.

„Es ist kein institutionalisierter Rassismus, aber eine Form der Bagatellisierung von Rechtsextremismus“, sagte Högl. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sagt: „Das Ausmaß des Versagens der Sicherheitsbehörden und auch die Ignoranz für einen fremdenfeindlichen Hintergrund der Taten bei den Ermittlern hat mich überrascht.“ Schon früh hatte er von einer „Schande für Deutschland“ gesprochen.

„Dieses Urteil bestätigt sich nach den ersten Ergebnissen der Untersuchungsausschüsse“, sagte Uhl dem Tagesspiegel. Eine Abschaffung des Verfassungsschutzes, wie sie Grüne und Linke fordern, hält er für unangebracht. Aber: „Ich will den Föderalismus in Deutschland nicht infrage stellen, aber die strukturellen Mängel in Sicherheitsfragen müssen beseitigt werden. Das Nebeneinander von über 30 Sicherheitsbehörden muss dringend koordiniert und beständig überprüft werden.“

Christian Tretbar

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