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Aktenberge im NSU-Untersuchungsausschuss. Anderswo sind sie geschmolzen – mehrere Ordner landeten im Schredder des Verfassungsschutzes.
© dapd

NSU-Untersuchungsausschuss: "Aktion Konfetti" - Druck auf Verfassungsschutz wächst

Der NSU-Ausschuss befragt am Donnerstag den Verfassungschützer, der die wichtigen Akten vernichten ließ. Ob er aussagen wird, ist jedoch fraglich. Ausschuss-Obmann Wieland fordert derweil weitere Rücktritte.

Die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestag werden an diesem Mittwoch einen kleinen Ausflug machen. Es geht in die Außenstelle des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) nach Berlin-Treptow. Dort liegen ab zehn Uhr 25 Akten für die Abgeordneten bereit. Es sind die Überreste der „Operation Rennsteig“, die BfV-Präsident Heinz Fromm und dem Thüringer Verfassungsschutzchef Thomas Sippel zum Verhängnis wurden.

Zwischen 1996 und 2003 sollte mithilfe von V-Leuten der rechte „Thüringer Heimatschutz“ untersucht werden. Zu genau dieser Gruppe gehörte bis zu ihrem Abtauchen auch die Jenaer Terrorzelle von Uwe Bönhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe. Doch kurz nachdem das Trio im November 2011 aufgeflogen war, schredderte ein Referatsleiter beim BfV wichtige Akten des Falles.

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Aber welcher Art waren die V-Leute? Hatten sie Kontakt zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) oder waren sie, wie Fromm in einem Bericht an das Bundesinnenministerium andeutet, nur „Randfiguren“? Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses in Thüringen sollen nun immerhin Einsicht in die Klarnamen-Datei der V-Leute erhalten. Das kündigte Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) am Dienstag an. Dennoch sind nach der „Aktion Konfetti“ – die Aktenvernichtung geschah am 11.11.2011 – viele Fragen offen.

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Wieder zusammenbasteln lassen sich die Akten nicht, aber es sind nicht alle verloren gegangen. Vertreter aller Bundestagsfraktionen wollen sich die verbliebenen Unterlagen am Mittwoch ansehen – auch als Vorbereitung auf ihre Ausschusssitzung am nächsten Tag. Dann wird nicht nur Fromm, der noch bis Ende des Monats im Amt bleiben wird, vor den Bundestagsabgeordneten in einer öffentlichen Sitzung aussagen, sondern die Parlamentarier haben auch den Verantwortlichen der „Aktion Konfetti“, einen Referatsleiter des BfV, vorgeladen. Ob der aber kommen wird, ist noch unklar. Denn die Abgeordneten wollen ihn nur im Ausschuss sehen, wenn er auch aussagt. Das aber ist fraglich. Denn gegen den Mann, der mittlerweile von seiner Leitungsfunktion entbunden wurde, läuft ein Disziplinarverfahren.

Edathy: Auch der MAD soll "Rennsteig"-Akten offenlegen

Sebastian Edathy, der Vorsitzende des Bundestags-Untersuchungsausschusses zur Mordserie des NSU, bei der zehn Menschen ums Leben kamen und bei zwei Sprengstoffanschlägen mehrere Menschen verletzt wurden, kritisiert, dass bisher nicht ausreichend über die „Operation Rennsteig“ informiert wurde. „Es scheint ein Eigenleben in der Behörde zu geben“, sagte Edathy. Er forderte außerdem, dass nun auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) seine „Rennsteig“-Akten offenlegen müsse. Bisher verweigere der Geheimdienst dies.

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Der Obmann der Grünen im Ausschuss, Wolfgang Wieland, hat für die Befragung am Donnerstag ein klares Ziel: „Es muss geklärt werden, ob der Verfassungsschutz einen der NSU-Terroristen als V-Mann geführt oder versucht hat, ein Mitglied der Terrorzelle zu werben. Das wäre der GAU für die Sicherheitsbehörden.“ Wieland reicht der Rücktritt Fromms nicht. Er sei nicht der alleinige Verantwortliche, andere müssten seinem Beispiel folgen. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an den „unbefriedigenden Auftritt“ von BKA-Präsident Jörg Ziercke vor dem Untersuchungsausschuss.

Nach dem Rückzug Fromms wird die Debatte um einen Umbau der Sicherheitsbehörden lauter. Nicht nur Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kündigte am Dienstag Reformen an. Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle forderte umfassende Veränderungen in allen Sicherheitsbehörden in Deutschland. „Nach der Aufklärung der aktuellen Vorfälle sollte die Koalition sich an eine grundlegende Reform der Strukturen der Sicherheitsinstitutionen machen“, sagte Brüderle der „Rheinischen Post“. Der Liberale machte sich auch für eine stärkere Verzahnung der Landesämter und des Bundesamts für Verfassungsschutz stark. Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass der Verfassungsschutz sich vom Schlapphut-Image verabschieden müsse. „Verfassungsschützer müssen nicht in erster Linie Geheimdienstler sein, sondern geschulte Demokraten, mit einem richtigen Gespür für die Gefahren, die unserer Demokratie drohen.“

Christian Tretbar

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