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Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch.
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Linken-Fraktionschef Bartsch: „Rechte könnten sich Europa aneignen, um es zu zerstören“

Vor der Europawahl spricht Linken-Fraktionschef Bartsch über die Gefahr des Populismus. Schuld an der „desolaten Situation“ sei auch Ex-Finanzminister Schäuble.

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, hat vor einem Rechtsruck bei der Europawahl in zwei Monaten gewarnt. Es bestehe die Gefahr, „dass sich die Rechten Europa aneignen, um es zu zerstören“, sagte Bartsch im Rahmen der Tagesspiegel-Videoserie „Europa hat die Wahl“ zur Europawahl am 26. Mai.

Angesichts der starken Umfrageergebnisse der rechtsextremen Partei „Rassemblement National“ in Frankreich, der fremdenfeindlichen italienischen Regierungspartei Lega und der Fidesz in Ungarn sprach Bartsch mit Blick auf die Entscheidung über das EU-Parlament in Straßburg von einer „Schicksalswahl“. Es gehe bei der Wahl darum, ob „dieses Europa mit all seinen Schwächen“ fortentwickelt werden könne oder ob es ein Zurück zum Nationalstaat gebe, so Bartsch.

Kritik an Schäubles Haushaltspolitik

Europa sei „ein großes Friedensprojekt gewesen“, sagte der Linken-Fraktionschef weiter. Allerdings sei die EU vor zehn Jahren „in einem besseren Zustand“ als heute gewesen, betonte er. Er warf dem früheren Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor, mit seiner auf Haushaltssanierung zielenden Politik zu einer „desolaten Situation in Europa“ beigetragen zu haben. Neben dem Brexit, der „verheerenden Jugendarbeitslosigkeit“ in den Ländern im Süden der EU und der „nicht bewältigten Finanz- und Bankenkrise“ bestehe das Problem darin, dass die Menschen den Glauben an Europa vielfach verloren hätten. Dies gelte vor allem außerhalb Deutschlands.

Bartsch sprach sich für die EU als „soziale Union“ und „Wirtschaftsunion“ aus. Nach seinen Worten lassen sich etwa der Kampf gegen den Klimawandel, die Digitalisierung oder der Umgang mit Flüchtlingen von den Einzelstaaten nicht mehr bewältigen. Allerdings müsse klar definiert werden, welche Themen auf europäischer Ebene und welche Fragen national angepackt werden sollen. Das Haushaltsrecht müsse zwar beim Bundestag bleiben. Dies schließe aber eine finanzielle Stärkung der EU grundsätzlich nicht aus.

Bartsch gilt innerhalb der Linkspartei als Reformer. Bei dem Bonner Parteitag der Linkspartei war im vergangenen Februar auch auf Drängen von Bartsch ein Passus in der Präambel des Europawahlprogramms entschärft worden, in dem die EU zuvor als „militaristisch, undemokratisch und neoliberal“ bezeichnet worden war.

Das Lager der Reformer ist nach der Rückzugsankündigung der Parteilinken Sahra Wagenknecht gestärkt. Wagenknecht hatte sich wie ihr Ehemann Oskar Lafontaine für strikte Begrenzungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen. Auf die Frage, ob Wagenknecht und Lafontaine die innerparteiliche Auseinandersetzung um die Flüchtlingspolitik verloren hätten, antwortete Bartsch: „Ich glaube, dass unsere Debatten, die wir zu diesem Thema geführt haben, nicht unbedingt so gewesen sind, dass es wirklich zielorientiert war.“ Einige Debatten seien „ideologisiert“ geführt worden. „Leider ist das dann mit Personaldingen verbunden worden“, was „dieser Frage nicht angemessen“ sei.

Nach Bartschs Auffassung könne „eine Linke auch niemals für Abschottung sein“. Die Linkspartei werde sich nicht „an derartigen Dingen beteiligen, wie das eine andere Partei im Deutschen Bundestag macht“, sagte er mit Blick auf die AfD.

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