CDU-Wahlkampf in Sachsen: Rechte Allianz für Politikprofessor Patzelt
Schon wieder Diskussionen um CDU-Wahlhelfer Patzelt: Der Bundestagsabgeordnete Vaatz meint, dieser sei Opfer einer "politischen Säuberung".
Der ehemalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) war voll des Lobes: "Danke, lieber Arnold Vaatz, für diese kenntnisreiche Aufarbeitung der traurigen Realität in Deutschland 2019", twitterte er am Freitagabend. Und empfahl einen Text zur Lektüre, den der Dresdner CDU-Bundestagsabgeordnete Vaatz kurz zuvor im Blog "Die Achse des Guten" zum Streit um den Politikwissenschaftler und sächsischen CDU-Wahlhelfer veröffentlicht hatte.
"Du bist und bleibst eben ein unermüdlicher Kämpfer für die Wahrheit, auch wenn sie den Machthabern nicht gefällt", fügte der heutige Bundestagsvizepräsident Friedrich noch hinzu. Er teilte damit offenbar auch die zentralen Aussagen von Vaatz in dessen Blogbeitrag. Darunter die, dass es sich um eine "politische Säuberung" handele, wenn Werner Patzelt nach Gutachten und Auftritten bei der AfD und seine Berufung als Ko-Autor des sächsischen CDU-Landtagswahlprogramms nach seiner Pensionierung an der Technischen Universität (TU) Dresden dort nicht Seniorprofessor werden dürfe.
Den Begriff der "Säuberung" hatte im Zusammenhang mit dem Fall Patzelt zuvor schon der ehemalige Leiter der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, benutzt. "Die Säuberungen haben ein neues Opfer gefunden - und mittendrin ein langjähriges SED-Mitglied", erklärte Knabe Mitte Januar in Anspielung auf die sächsische Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD), die 2017 Vorbehalte gegen Patzelts Pläne für ein "Institut für gesellschaftlichen Zusammenhalt" an der TU Dresden geäußert hatte.
In seinem Aufsatz für "Die Achse des Guten" spitzte Vaatz, ehemaliger DDR-Bürgerrechtler und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, diese Vorwürfe zu. Die Zerstörung von Patzelts Ruf und seine "Entfernung aus der selbsternannten wissenschaftlichen Relevanzzone" seien nur "eine Frage der Zeit" gewesen, nachdem der Wissenschaftler der "herrschenden Medienmeinung" widersprochen habe, die "aus aussagelogischen Gründen lauten musste: Die Pegida-Demonstranten seien nahezu sämtlich geistesgestört. Patzelt nützte es nichts, dass er stets bestritt, irgendwie mit dieser Bewegung zu sympathisieren".
Weiter schrieb Vaatz: "Was von Patzelt kam, war des Teufels und basta." Die Demontage des Instituts-Projekts in Dresden sei "prototypisch für das gesamte Arsenal von Intriganz, rufmörderischem Eifer und Ideenklau, das jedem droht, der das Toleranzgerede in dieser Gesellschaft ernst nimmt und dessen politische Position von einschlägiger Seite als nicht ausreichend weit links beurteilt wird". Den Dresdner "taz"-Korrespondenten Michael Bartsch, der 2017 über den Streit um das geplante Institut berichtet hatte, nannte er einen "Verschwörungstheoretiker" mit "nahezu rufmörderischem Eifer". Der Text von Vaatz trägt die Überschrift "Die Geschichte einer Säuberung".
Verlinkung zu antisemitischer Seite
Besonders dubios: Die "Achse des Guten" verlinkte bei der Veröffentlichung des Vaatz-Textes an einer Stelle - es ging dort um die Chefin der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane - zu der rechtsextremen und antisemitischen Seite anonymousnews.ru, die mit dem verurteilten Neonazi und Waffenhändler ("Migrantenschreck") Mario R. in enger Verbindung steht. Erst nach öffentlicher Diskussion in den sozialen Netzwerken wurde dieser Link zu der rechtsextremistischen Seite entfernt.
Petition "#PatzeltBleibt!"
Parallel zur Veröffentlichung des Vaatz-Textes startete der Studentenverband Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) am Wochenende eine Petition "#PatzeltBleibt!", um die Seniorprofessur für den Politologen an der TU Dresden durchzusetzen - Vaatz ist hier einer der Erstunterzeichner, unter anderem neben TV-Moderator Peter Hahne und der rechtskonservativen Publizistin Birgit Kelle. Die Resonanz bis Montagvormittag: rund 1200 Unterstützer, darunter etwa 500 aus Sachsen.
Die sächsische CDU-Führung kommentierte die von ihrem Spitzenfunktionär Vaatz befeuerte neue Diskussion um Patzelt am Wochenende nicht. Der CDU-Landesvorsitzende, Ministerpräsident Michael Kretschmer, hatte Patzelt mehrfach gegen den Vorwurf einer AfD-Nähe in Schutz genommen. Kretschmer schließt eine Koalition mit der AfD kategorisch aus. Auch der Wissenschaftler selbst bestreitet, dass sein Einsatz für die CDU das Ziel habe, eine schwarz-blaue Koalition im Freistaat nach der Landtagswahl am 1. September möglich zu machen.
Woran die CDU-Landesführung indes kein Interesse hat: an fortgesetztem Streit um Patzelt und dessen Signale an AfD-Anhänger. Die Initiativen von Vaatz für Patzelt dürften ihr deshalb alles andere als gelegen kommen.