Donald Trumps Wrestling-Video: Reality-Show im Weißen Haus
Die Empörung über Donald Trumps Anti-CNN-Video ist groß. Beobachter werten es als Ablenkungsmanöver eines Fernsehprofis.
Nach knapp einem halben Jahr im Amt hat Donald Trump vielleicht noch nicht viel Konkretes geleistet, doch selbst nach Ansicht von Kritikern hat er eine grundlegende Veränderung geschafft: Er hat die Prinzipien des Reality-TV auf das Präsidentenamt übertragen. Diese Prinzipien verlangen Unterhaltung rund um die Uhr – und dabei hat der frühere Hauptdarsteller der „Apprentice“-Serie großen Erfolg, wie die Aufregung um sein Wrestling-Video mit dem von ihm ungeliebten Sender CNN zeigt. Die Frage lautet, ob Trump seine fernsehreife Show im Weißen Haus nicht allmählich übertreibt. Auch Reality-TV ist nicht unbegrenzt unterhaltsam. Drei von vier Amerikanern wollen, dass der Präsident sein Twitter-Gewitter einstellt.
Der Wrestling-Clip, in dem Donald Trump einen Gegner mit einem CNN-Logo auf dem Kopf zu Boden wirft, hat Empörung bei Politikern aller Parteien und bei Journalistenverbänden hervorgerufen. „Geschmacklos“ und „pubertär“ gehören dabei noch zu den milderen Urteilen. Die oppositionellen Demokraten werfen Trump vor, seine Anhänger zu Gewalt gegen Journalisten zu ermuntern. Autokratische Herrscher in aller Welt sähen sich von Trump in ihrem Vorgehen gegen die Medien bestärkt, erklärte der Presseverband CPJ. Trumps Berater Thomas Bossert hielt dagegen, es handele sich nur um eine Meinungsäußerung des Präsidenten, nicht um einen Gewaltaufruf.
In Deutschland befürchtet der Journalistenverband DJV, dass in Washington auch bald deutsche Korrespondenten zur Ziel der „Hetze“ des Präsidenten werden könnten. DJV-Chef Frank Überall forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, beim G-20-Gipfel in Hamburg den „Feinden der Pressefreiheit“ entgegenzutreten. Dazu zählte Überall die Präsidenten Russlands und der Türkei, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan – und ausdrücklich auch Trump.
Trumps Zustimmungsrate liegt nur noch bei 37 Prozent
Aus Sicht einiger Beobachter in den USA geht die Debatte über den Krieg des Präsidenten gegen die Medien am Kern der Sache vorbei. Pulitzer-Preisträgerin Judith Miller sagte dem Sender Fox News, Trump verstehe es meisterhaft, die Medien von den eigentlich wichtigen Dingen wie dem Versagen der Regierung bei der Gesundheitsreform abzulenken. Auch rede niemand darüber, dass ein halbes Jahr nach Trumps Amtsantritt mehr als tausend Posten im Regierungsapparat wegen der Unfähigkeit der Administration noch nicht besetzt seien.
Trump habe einen Weg gefunden, mit seinen Twitter-Mitteilungen die politische Agenda nach Belieben zu lenken, sagte Miller. „Richtige Journalisten“ dürften nicht darauf hereinfallen. Miller ist selbst nicht unumstritten: Als Reporterin der „New York Times“ verbreitete sie Falschinformationen über das angebliche Waffenarsenal Iraks und lieferte damit Argumente für den US-Feldzug gegen Saddam Hussein im Jahr 2003. Tatsächlich gehen manche Themen im Getöse der Auseinandersetzung mit den Medien fast unter. Trump wolle die Amerikaner mit seinen „nicht enden wollenden Eskapaden“ mürbe machen, schrieb der Kolumnist Charles Blow in der „New York Times“.
Noch steht nicht fest, ob der Präsident damit auf Dauer Erfolg haben wird. Seine Zustimmungsrate von lediglich 37 Prozent markiert jedenfalls einen historischen Tiefstand für US-Präsidenten. Laut Fox News sind 71 Prozent der Amerikaner – auch viele Trump-Fans – der Ansicht, der Präsident schade sich mit seinen Tweets selbst. Und nach wie vor agiert das Weiße Haus unter der dunklen Wolke des Russland-Skandals, der Trump das Amt kosten könnte. „Sperrt ihn ein“, skandierten Trump-Gegner am Wochenende bei mehreren Dutzend Demonstrationen im ganzen Land, bei denen ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten gefordert wurde.