zum Hauptinhalt
Kämpfer der Hisbollah demonstrieren bei einer Parade in Beirut ihre Einsatzbereitschaft und Solidarität mit den Palästinensern.
© AFP

Vereinsverbot: Razzia gegen Hisbollah-Unterstützer

Mit einer bundesweiten Razzia unter anderem auch in Berlin wurde das Verbot des Vereins "Waisenkinderprojekt im Libanon" durchgesetzt. Dem Verein wird vorgeworfen die radikalislamische Hisbollah finanziell zu unterstützen.

In Berlin sowie in fünf anderen Bundesländern wurde am Morgen mit einer Razzia ein Verbot des Vereins "Waisenkinderprojekt Libanon e.V." durchgesetzt. Dieser soll jahrelang Geld für die radikalislamistische Hisbollah gesammelt haben. Nach Auskunft des Bundesinnenministeriums haben 150 Beamte in Berlin, Baden-Württemberg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz Geschäftsstellen sowie Wohnungen von Vereinsfunktionären durchsucht. Dabei seien Münzgeld, Akten, Symbole und IT sichergestellt worden. Festnahmen habe es keine gegeben, auch sei es nicht zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen.

"Der Name des Vereins verschleiert den eigentlichen Zweck“, sagte Innenstaatssekretärin Emily Haber in Berlin. So habe dieser allein zwischen 2007 und 2013 rund 3,3 Millionen Euro für die libanesische Schahid-Stiftung gesammelt und überwiesen. Diese Stiftung ist laut Haber "integraler Bestandteil" der Hisbollah. Sie schaffe einerseits Anreizsysteme für Selbstmordattentäter, die ihre Familien im Fall des Anschlags versorgt wissen, aber sie fördern auch Abhängigkeitsverhältnisse durch finanzielle Alimentierung.

Laut dem Bundesinnenministerium ist der Verein eine reindeutsche Organisation, die es seit 1997 gebe und gegen den seit 2009 ermittelt werde. Dass sich die Ermittlungen so lange hinzogen habe auch daran gelegen, dass man aus nachrichtendienstlichen Erkenntnisse gerichtfeste Akten habe machen müssen. Der Verein habe etwa 80 Mitglieder. "Organisationen, die sich unmittelbar oder mittelbar von deutschem Boden aus gegen das Existenzrecht des Staates Israel richten, können sich nicht auf die Vereinigungsfreiheit berufen“, erklärte Innenminister de Maizière. Daher habe er den Verein Waisenkinderprojekt Libanon e.V. „mit sofortiger Wirkung“ verboten, weil dieser "aggressiv" gegen die Völkerverständigung vorgehe. Im Innenministerium verweist man auch öffentliche Äußerungen des Hissbollah-Chefs Hassan Nasrallah, der die Schahid-Stiftung als "wahren Rückhalt für die Entwicklung des blutigen Dschihads im Libanon" bezeichnet.

Die vom "Waisenkinderprojekt Libanon" unterstützte Hisbollah steht seit Mitte 2013 auf der Terrorliste der Europäischen Union. Nach langen, kontroversen Debatten hatten sich die 28 Mitgliedsstaaten darauf verständigt, gegen die Schiitenmiliz vorzugehen. Zu den beschlossenen Sanktionen gehören das Einfrieren von Konten und Reisebeschränkungen. Außerdem sieht der Beschluss vor, die Beschaffung von finanziellen Mitteln zu erschweren. Genau das hat die Bundesregierung jetzt mit dem Verbot des "Waisenkinderprojekts" getan. 

Auf der EU-Terrorliste steht allerdings nur der "militärische Arm" der Hisbollah. Der so genannte politisch-soziale Teil der Organisation ist von den Strafmaßnahmen ausgenommen. Die Befürworter dieser Trennlinie verweisen darauf, dass die "Partei Gottes" auch in der libanesischen Regierung Posten bekleidet und in Teilen des Landes Wohlfahrtseinrichtungen unterhält. Terrorexperten halten diese Unterscheidung allerdings für künstlich. Letztendlich dienten alle Aktivitäten der Hisbollah dem Kampf gegen Israel.

Die EU begründete ihren Schritt, die militante Islamistengruppe auf die Terrorliste zu setzen, mit einem Attentat in Bulgarien im Juli 2012. Bei dem Anschlag auf israelische Touristen waren damals sieben Menschen ums Leben gekommen. Die Regierung in Sofia machte Mitglieder der Hisbollah für die Tat verantwortlich. Wenige Tage zuvor war im zypriotischen Limassol ein Libanese verhaftet worden, der potenzielle israelische Ziele ausgekundschaftet haben soll.

Der Hisbollah werden mehrere Terrorakte zur Last gelegt. Einer der blutigsten war der Anschlag auf das israelische-jüdische Kulturzentrum Amia im argentinischen Buenos Aires. Am 18. Juli 1994 starben dort 85 Menschen durch eine Autobombe. Ermittlungen ergaben, dass Mitglieder der Schiitenmiliz und der iranischen Regierung sowohl Auftraggeber als auch Urheber des Attentats waren. Bis heute wurde niemand zur Rechenschaft gezogen.

Die von Teheran mit Waffen und Geld unterstützte „Partei Gottes“ kämpft zudem im syrischen Bürgerkrieg auf Seiten von Machthaber Baschar al Assad. Sie gilt als wichtige militärische Stütze des Herrschers in Damaskus, der in seinem Land seit drei Jahren mit großer Härte gegen Aufständische vorgeht.

Zur Startseite