Lauterbach kritisiert ihn als „dumm“: „Querdenker“ stört Laschet-Auftritt – der lässt sich aus nächster Nähe befragen
Bei einem Termin diskutiert CDU-Chef Laschet nah mit einem „Querdenker“. Das empört den SPD-Politiker Lauterbach. Es folgt ein Streit auf Distanz.
Unionskanzlerkandidat Armin Laschet und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach haben sich um den angemessenen Umgang mit einem Bürger gestritten, der bei einem Wahlkampfauftritt Laschets in Thüringen plötzlich und ohne korrekt getragenen Mund-Nase-Schutz auf die Bühne gestürmt war, um mit Laschet zu diskutieren.
Der CDU-Chef hatte sich bei der Veranstaltung am Freitag in Erfurt länger mit dem Mann unterhalten – auf sehr geringe Distanz. Lauterbach schrieb daraufhin auf Twitter: „Unfassbar. Armin Laschet lässt sich von einem Querdenker ohne Maske mit 20 cm Abstand anschreien. Das ist keine Bürgernähe sondern einfach dumm.“
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Laschet griff die Kritik am Samstag in Potsdam auf und argumentierte, dass man den Menschen zuhören müsse. Ansonsten würde das gesellschaftliche Klima noch rauer werden als es ohnehin schon sei. „Karl Lauterbach macht mir das zum Vorwurf, sagt, mit diesen Leuten darf man nicht reden und vergiftet damit erneut das Klima.“
Dieses Argument wollte in der Folge Lauterbach wiederum nicht gelten lassen. „Ich habe nicht kritisiert, dass er sich von einem Querdenker anschreien lässt. Nur dass er sich auf 20 cm Abstand dabei ohne Masken anschreien lässt“, schrieb der SPD-Politiker.
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In der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt hatten am Freitag Gegner der Corona-Maßnahmen bei Laschets Auftritt immer wieder dazwischengerufen. Es gab Pfiffe und Buhrufe, aber auch Applaus für Laschets Reaktionen darauf und seine Klarstellung, dass die Union nicht mit der AfD zusammenarbeiten werde.
Plötzlich stürmte ein Mann auf die Bühne, wie auf Videos in den sozialen Netzwerken zu sehen ist. Laschet hielt seine Personenschützer mit den Worten „Lass den mal“ zurück. Der Mann ist der in der „Querdenker“-Szene bekannte „Busfahrer Thomas Brauner“, wie er sich selbst auf der Nachrichtenplattform Telegram bezeichnet. Er hatte in der Vergangenheit bereits mit Holocaust-Vergleichen Empörung ausgelöst.
Der Mann fing, leicht außer Atem und offenbar etwas aufgeregt, bereits an zu reden, war schon über das Laschets Mikrofon zu hören. Der CDU-Politiker trat einen Schritt zur Seite sagte: „Erstmal abregen, zweitens Frage stellen.“ Dann hielt er Brauner sein Mikro hin. Die beiden Männer trennten nur wenige Zentimeter – von Abstand also keine Spur. Laschet trug in dieser Situation natürlich auch keine Maske.
Brauner beklagte sich als „Vater dreier Kinder“ über die Thüringer Landesregierung. Diese plant ein Bußgeld für Eltern, deren Kinder beim Schulbesuch nicht getestet sind und auch nicht als genesen gelten oder geimpft sind.
Diese Regelung soll zunächst in einer zweiwöchigen Testphase erprobt werden. Brauner fragte: „Wenn wir uns in einer Pandemie befinden, die nicht schön für uns alle ist, warum zwinge ich dann die Kinder in die Schule?“
Als er weiterreden wollte, moderierte Laschet die Anfrage ab und schickte ihn zurück ins Publikum. „Sie gehen jetzt wieder hinter die Absperrung und ich beantworte dann ihre Frage“, sagte Laschet. Man könnte nicht jeden auf die Bühne lassen. „Alle haben die Frage verstanden.“ Brauner sagte, „es gehe ihm darum, mich in meiner Entscheidung zu bestärken, wo ich mein Kreuz machen soll“.
Die Frage des Mannes, so Laschet, „sei eine berechtigte“. Brauner fiel Laschet wieder ins Wort. Der sagte dann, er fände es schön, dass hier eine Veranstaltung organisiert sei, „wo man auch mal ein bisschen in den Dialog kommt“. Sonst stehe man auf den Marktplätzen, so Laschet.
Dann ging er auf Brauners Frage ein. Wegen der unklaren Situation der Reiserückkehrer müssten an den Schulen derzeit noch Masken getragen werden, erklärte Laschet zunächst noch unter Buhrufen, verwies auf die Zuständigkeit des Landes Thüringen und dessen Ministerpräsidenten Ramelow (Linke) und sagte dann: „Eine Impfpflicht oder Druck auf Kinder, sich impfen zu lassen, lehne ich ab.“
Aus dem Publikum war zu hören: „Ich nehme Sie beim Wort, Herr Laschet.“ Laschet reagierte prompt: „Das können Sie machen. Ich gebe Ihnen die Nummer vom Kanzleramt“ – hatte damit die Lacher auf seiner Seite und die Situation ohne Bodyguards oder Polizei gelöst. (mit dpa)
In einer ersten Version hatten wir ein Agenturfoto aus Erfurt verwendet, dass den Eindruck erweckte, der abgebildete Mann könnte der Bürger sein, mit dem sich Armin Laschet gestritten hat. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.