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Der russische Staatspräsident Wladimir Putin.
© reuters

Russland, die Ukraine und der Westen: Putins Strategie kann für ihn selbst gefährlich werden

Intensive russische Truppenbewegungen werden gemeldet, nach den Scheinwahlen im Osten der Ukraine. Der Westen muss nun Russland deutlich machen, dass die Kosten durch weitere Sanktionen noch höher werden können - auch für den Präsidenten selbst. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Es läuft falsch. Wie sagte gerade am Montag der alte Helmut Kohl, der Ehrenbürger Europas immerhin: „Im Ergebnis müssen der Westen genauso wie Russland und die Ukraine aufpassen, dass wir nicht alles verspielen, was wir schon erreicht hatten.“ Genau, so ist es. Und darum geht es: dass alles verspielt werden könnte. Auch, nicht zuletzt, der Friede. Der ist die Errungenschaft des ausgehenden 20. und des anbrechenden 21. Jahrhunderts auf dem alten Kontinent.

Putin lässt zu, dass Militärlastwagen ohne Nummernschilder Ausrüstung und Truppen verlegen

Russland, isoliert, wie es unter Präsident Wladimir Putin ist, geächtet, wie Putin es bald selbst ist, wird immer mehr zum Gegner; als wäre es eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, gleichsam unausweichlich. Diese Scheinwahlen, diese Farce in der Ostukraine, in Donezk und Luhansk, mit Satrapen, Vasallen der russischen Führung, die ohne jede demokratische Legitimation dastehen, trotz ihrer 63 und 75 Prozent – ja, von was? Vom Lügengebäude, das ihre und Putins Worte aufgebaut haben? Sie wollen Frieden, sagen die Vasallen. Sie wollen den Frieden unterstützen, sobald der Friedensprozess beginnt, sagt Putin im Namen der Russen – und lässt zu, dass Militärlastwagen ohne Nummernschilder Ausrüstung und Truppen verlegen.

„Intensive russische Truppenbewegungen“ werden gemeldet. Sie sind so real, wie die Wahlen irreal waren, schrecklicher Schein, nur scheinbar legitimiert von ausländischen Vertretern schrecklicher Parteien als Beobachter, deren Anwesenheit aber eines offenbart: einen radikalen, paläokonservativen Machtanspruch.

Was tun? Putin an „seinen Worten messen, dass die Einheit der Ukraine nicht infrage gestellt wird“, sagt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Den Separatisten keine Chance, heißt das. Aber wie? Indem die Europäische Union, der Westen insgesamt, ganz Russland deutlich macht, dass die Kosten durch weitere Sanktionen noch höher werden können.

Je klarer die EU bereit ist, die Bevölkerung der Ukraine auf dem europäischen, demokratischen, rechtsstaatlichen Weg zu unterstützen, desto größer ist die Chance, dass der Unwille der Bevölkerung in Russland steigt, darunter leiden zu sollen.

Nicht nur die Oligarchen könnten Putin bald satt haben

Nicht nur die Oligarchen, sondern eine wachsende Zahl an Menschen könnte diese Situation, könnte Putin satt haben. Seine Strategie der Zersetzung des Staates Ukraine, die an die geheimdienstlichen Methoden des KGB bei der Zersetzung von Persönlichkeiten erinnert, darf keinen Erfolg haben. Der KGB-Offizier a.D. weiß, dass eine weitere Annexion wie auf der Krim zu gefährlich ist, unter allen Umständen. Nun muss ihm deutlich werden, wie gefährlich der Versuch der schleichenden Okkupation für ihn werden kann. Im eigenen Land.

Putin hat die Wahl. Noch kann er zu dem von Kohl beschworenen Erreichten zurückkehren: zu Kooperation, die von Frieden getragen wird. Es ist doch auch für ihn unübersehbar, was falsch läuft.

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