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Rebellen haben ein russisches Kampfflugzeug abgeschossen.
© Omar Haj Kadour, AFP

Krieg in Syrien: Putins Söldner

Angehörige russischer Privatarmeen kämpfen in Syrien und anderen Ländern bisher im rechtsfreien Raum. Jetzt soll ihr Einsatz legalisiert werden.

Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets in Syrien und der Eskalation der Kämpfe wächst in Moskau die Sorge, dass auch eigene Truppen in verlustreiche Kämpfe verwickelt werden könnten. In diesem Zusammenhang ist auch ein ungewöhnlicher Vorstoß zu verstehen, den Außenminister Sergej Lawrow Anfang des Jahres unternahm. Er forderte, die bislang verbotenen Privatarmeen zu legalisieren. Es ist der Versuch, den Militäreinsatz in Syrien gewissermaßen „auszulagern“. Ein Gesetzentwurf soll in Kürze in die Duma eingebracht werden.

Im Herbst vergangenen Jahres hatte die Terrormiliz „Islamischer Staat“ Bilder von zwei russischen Soldaten ins Netz gestellt, die bei den Kämpfen westlich der syrischen Stadt Deir Essor in Gefangenschaft geraten waren. Die Moskauer Behörden wollten anfangs nicht einmal eingestehen, dass sie russische Staatsbürger waren. Doch Moskauer Journalisten fanden heraus, dass es sich um Angehörige einer ominösen „Kämpfenden Bruderschaft Domodedewo“ handelte, die von einer „Gruppe Wagner“ angeheuert worden waren.

Viele Russen wussten bis dahin nicht, dass es in ihrem Land private Armeen gibt, vergleichbar mit den berüchtigten amerikanischen „Blackwater“-Einheiten. Sie sollen nicht nur in Syrien massiv zum Einsatz kommen, sondern auch im Osten der Ukraine Gefechte für die Separatisten führen. Nach Recherchen der kremlkritischen RBK-Mediengruppe ist die „Gruppe Wagner“ keine klassische Söldnerarmee, sondern sie hat offenbar sehr enge Verbindungen zu regulären militärischen Strukturen. Die Einheit wurde 2013 von Dmitri Utkin gegründet – Kampfname „Wagner“, nach dem deutschen Komponisten. Utkin ist ein von Wladimir Putin persönlich mehrfach ausgezeichneter Reserve-Oberstleutnant der Spezialkräfte des Militärgeheimdienstes GRU (Speznas), die auch die entscheidenden Aktionen zur Annexion der Krim durchführten.

Enge Verbindungen zum Geheimdienst

Zu den Verbindungen zwischen der „Gruppe Wagner“ und der GRU heißt es in den Recherchen von RBK: Die Armee, offiziell in Argentinien registriert, trainiert für ihre Auslandseinsätze auf einem ehemaligen Übungsgelände der GRU in Zentralrussland. Sie soll neben der Ostukraine und Syrien auch in Libyen auf Seiten des Kriegsherren Chalifa Haftar sowie nach Angaben der BBC im Sudan tätig sein. Über die Mannschaftsstärke gibt es keine überprüfbaren Angaben. RBK geht davon aus, dass allein in Syrien bis zu 3000 Mann im Einsatz sein könnten. Gestützt werden diese Zahlen vor allem auf die Auswertung sozialer Netzwerke, in denen die Angehörigen der „Gruppe Wagner“ offenherzig mit ihren Aktionen in fremden Ländern prahlen.

Dass die „Gruppe Wagner“ in ihrer Basis in Russland unbehelligt bleibt, ist ein weiteres Indiz für Verbindungen in die Machtstrukturen. Die Teilnahme russischer Bürger an bewaffneten Konflikten im Ausland ist nämlich nach Paragraf 359 des Strafgesetzbuches verboten und wird mit bis zu sieben Jahren Haft bestraft. Bislang wurde die Staatsanwaltschaft jedoch gegen keinen einzigen Angehörigen einer Privatarmee tätig.

Vorstöße, ihre Einsätze zu legalisieren, gab es bereits zwei Mal. Sie scheiterten jedoch 2014 und 2016 im Gesetzgebungsprozess an den Einwänden der regulären Sicherheitskräfte. Bereits 2012 hatte Präsident Putin in einer Rede jedoch erklärt, private Sicherheitskräfte könnten durchaus den nationalen Sicherheitsinteressen Russlands dienen. Jetzt soll dem offensichtlich ein rechtlicher Rahmen gegeben werden.

Frank Herold

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