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Jiri Drahos (links) und Milos Zeman treten in der Stichwahl gegeneinander an.
© Michal Kamaryt/imago/CTK Photo

Präsidentenwahl in Tschechien: Putinfreund gegen faden Professor

Amtsinhaber Zeman war der klare Favorit für den Präsidentenposten in Tschechien. Doch inzwischen sehen Umfragen seinen Herausforderer Drahos vorn.

Ganz zum Schluss wurde es noch schmutzig in einem Wahlkampf um die tschechische Präsidentschaft, der sich vor der ersten Runde weitgehend inhaltslos dahingeschleppt hatte. Die Anhänger der beiden Kandidaten, die sich am Freitag und Sonnabend in der Stichwahl gegenüber stehen, trieben es arg in den sozialen Netzwerken. Amtsinhaber Milos Zeman, so schrieben die einen, sei das „Trojanische Pferd der Russen“ in Prag, er verkaufe das Land an Putin, habe sich von ihm auch den Wahlkampf bezahlen lassen. Durch die Prager Medien geisterte die Behauptung, dass Zeman für seine Kampagne neun Millionen Euro erhalten habe.

Der Herausforderer Jiri Drahos, ein in der Politik völlig unerfahrener Chemiker und früherer Präsident der Akademie der Wissenschaften, wurde von Zeman-Anhängern abwechselnd als Plagiator, Kinderschänder, Freimaurer, sinistrer Anhänger von Verschwörungstheorien oder Agent der kommunistischen Staatssicherheit verunglimpft.

Es lief nicht wie erwartet

Vor der ersten Runde hatte Zeman als klarer Favorit gegolten. Der 73-Jährige war sich seiner Sache so sicher, dass er jede politische Auseinandersetzung mit seinen Herausforderern für unter seiner Würde hielt. Doch es lief nicht wie erwartet: Der Vorsprung des Amtsinhabers war nach der Abstimmung nur gering. Fast alle ausgeschiedenen Konkurrenten baten ihre Wähler in den letzten Tagen darum, für Drahos zu stimmen. Der liegt nun auch in den Umfragen leicht vorn.

Zeman, so in die Defensive geraten, steuerte eilig um und stellte sich mit seinem Herausforderer in zwei Fernseh-Diskussionen. Sie veränderten das Bild nicht: Auf der einen Seite stand da der Populist Zeman, der in überraschend zahmer Wortwahl seine EU–Kritik und die Ablehnung von Flüchtlingen in Tschechien thematisierte. Auf der anderen Seite war der völlig uncharismatische Drahos mit seinen Erwiderungen, die man nur mit Wohlwollen als gemäßigt und nicht als langweilig charakterisieren kann.

Ein Sieg des bedachten und berechenbaren Drahos’ würde in Berlin und Brüssel sicher gern gesehen. Aber er könnte die ohnehin konfuse politische Situation in Tschechien möglicherweise sogar zuspitzen. Das Land wird nämlich derzeit geschäftsführend von dem Milliardär Andrej Babis regiert. Der war angetreten, die Korruption zu bekämpfen. Nun steht ihm selbst ein Verfahren wegen Korruption bevor. Drahos hat seine Distanz zu Babis bereits deutlich gemacht. Über Neuwahlen redet allerdings in Prag noch niemand.

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