Russland feiert „Tag des Sieges“: Putin wirft Westen Vorbereitung einer Invasion vor
Der russische Staatschef nutzt seine Rede, um erneut den Angriff auf die Ukraine zu rechtfertigen. Weitere Drohungen aber kommen von ihm nicht.
Der russische Präsident Wladimir Putin wirft dem Westen vor, eine Invasion Russlands und der Krim vorbereitet zu haben. Die Nato habe Bedrohungen an den Grenzen Russlands aufgebaut, sagt Putin bei der Militärparade in Moskau auf dem Roten Platz anlässlich des Sieges über Nazi-Deutschland.
„Der Westen wollte nicht auf Russland hören – sie hatten andere Pläne.“ Der militärische Sondereinsatz sei eine notwendige und rechtzeitige Maßnahme gewesen – die einzig richtige Entscheidung.
Russland bezeichnet den Einmarsch in das Nachbarland Ukraine nicht als Krieg, sondern als militärischen Sondereinsatz.
Keine Rede vom großen Sieg, aber auch keine Drohungen
Anders als von einigen Expertinnen und Experten erwartet, klang seine Rede nicht nach großem Sieg. Der Chef des Moskau Büros der Financial Times, Max Seddon, schrieb auf Twitter, dass Putin den Kampf der Soldaten im Donbass würdigte, aber weder Mariupol noch andere von Russland eroberte Gebiete erwähnte.
Auch von weiteren Ankündigungen zu möglichen Kriegszielen oder Drohungen in Richtung Atomkrieg blieben aus.
Es gab zuvor auch Spekulationen, dass Putin etwa eine General- oder Teilmobilmachung in Russland anordnen könnte – der Kreml hat dies zuvor als „Unsinn“ zurückgewiesen.
Roland Oliphant, Auslandskorrespondent des britischen Telegraph stellte fest, dass es sich bei der Rede um „rituelle Wiederholungen handelte, von allem, was wir zuvor gehört hatten“.
Bei der Militärparade gratulierte Putin jedenfalls den Veteranen zu ihrem „großen Sieg“. Es sei die Pflicht, die Erinnerung an diejenigen zu erhalten, die den Nationalsozialismus besiegt hätten.
Den Angehörigen verletzter und getöteter Soldaten sagte er wiederum Hilfe zu. „Der Tod jedes Soldaten und Offiziers ist für uns schmerzhaft.“ Der Staat werde „alles tun, um sich um diese Familien zu kümmern“.
Die Soldaten und Freiwilligen, die im Donbass im Einsatz seien, kämpften für ihr Vaterland. „Ihr kämpft für euer Vaterland, für seine Zukunft.“
Seine Rede beendete er mit einem Schlachtruf an die versammelten Soldaten: „Für Russland! Für den Sieg! Hurra!“
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Erste Paraden im äußerten Osten des Landes
Die ersten Paraden fanden am Montag bereits im äußersten Osten des Landes statt. Auf der fernöstlichen Halbinsel Kamtschatka, auf der Insel Sachalin, in der Großstadt Wladiwostok am Pazifik und in weiteren Orten beteiligten sich Hunderte Soldaten an den Paraden zur Erinnerung an den Großen Vaterländischen Krieg.
Das Verteidigungsministerium in Moskau veröffentlichte dazu am Montag zahlreiche Fotos – in Wladiwostok fuhren auch die Weltkriegspanzer T-34 in der Kolonne mit.
Im ganzen Land waren 28 Paraden geplant, die mit Abstand größte ist in der Hauptstadt Moskau für 9.00 Uhr MESZ (10.00 Uhr Ortszeit) angesetzt.
Moskau glich einer Festung
Die mit einem Großaufgebot an Uniformierten gesicherte Innenstadt glich einer Festung. Hunderte Veteranen, die russische Führung sowie Patriarch Kirill, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, nahmen auf einer Ehrentribüne Platz.
Putin, der lächelte, begrüßte die Veteranen mit einem Handschlag. In Europas größter Stadt waren auch Tausende Menschen unterwegs, um sich die Waffenschau anzusehen.
Luftshow wurde abgesagt
Bei der traditionellen Parade in Moskau werden Panzer und andere Militärtechnik gezeigt. Acht Kampfflugzeuge sollten darüber hinaus am Himmel den Buchstaben „Z“ formen, der das offizielle Symbol für Russlands Militäreinsatz in der Ukraine ist.
Das „Z“ steht dabei für „Za Pobedu – Für den Sieg“. Die russische Führung hat die Luftshow allerdings kurzfristig abgesagt. „Der Luftteil findet wegen des Wetters nicht statt“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass am Montag.
Anders in den Jahren zuvor ist dieses Mal kein ausländischer Staatschef bei der Parade zu Gast.
Selenskyj warf Putin Geschichtsvergessenheit vor
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat kurz vor den Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Moskau seinem russischen Kollegen Wladimir Putin Geschichtsvergessenheit vorgeworfen. „Russland hat alles vergessen, was den Siegern des Zweiten Weltkriegs wichtig war", sagte er am Sonntagabend in einer Videobotschaft. Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg sei das „Böse zurück, in einer anderen Uniform, aber mit demselben Ziel.“ (dpa AFP)