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Der russische Präsident Wladimir Putin.
© Reuters

Rücktritt der russischen Regierung: Putin will Verfassung ändern - und plant wohl seinen Machterhalt

Der russische Präsident kündigt eine Reform der Verfassung an - und denkt dabei wohl vor allem an seine eigene Zukunft.

Nach der Ankündigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Verfassung seines Landes zu reformieren, hat die gesamte russische Regierung am Mittwoch ihren Rücktritt eingereicht. Ministerpräsident Dmitri Medwedew gab die Entscheidung in einem gemeinsamen Auftritt mit Putin im Staatsfernsehen bekannt.

Putin hatte zuvor in einer Rede an die Nation Grundzüge einer Verfassungsreform skizziert. Die Regierung sei zurückgetreten, damit Putin „alle erforderlichen Maßnahmen“ ergreifen könne, sagte Medwedew. Die geplanten Verfassungsänderungen sowie die personellen Neubesetzungen könnten vor allem dazu dienen, Putins Macht über das Ende seiner Amtszeit hinaus zu sichern.

Neuer Regierungschef soll der bisherige Chef der Steuerbehörde, Michail Mischustin, werden. Bisher hat er politisch keine Rolle gespielt.

Putin und Medwedew sind seit den 90er Jahren enge Weggefährten, damals arbeiteten sie in der Stadtverwaltung von St. Petersburg zusammen. Als Putin 2008 nach zwei Amtszeiten als Präsident nicht noch einmal kandidieren durfte, wurde Medwedew Staatschef, Putin übernahm das Amt des Regierungschefs. Vier Jahre später tauschten sie die Ämter, seitdem steht Medwedew an der Spitze der russischen Regierung. Auch jetzt erfolgte der Rücktritt mit großer Wahrscheinlichkeit in Absprache mit Putin.

„Nicht alles hat natürlich geklappt“

Der Präsident stellte seinem treuen Weggefährten bereits ein neues Amt in Aussicht. Medwedew soll stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsrates werden, den Putin selbst leitet. Damit bleibt er im Zentrum der Macht. Putin dankte der Regierung für ihre Arbeit und fügte hinzu: „Nicht alles hat natürlich geklappt. Aber das funktioniert nie in vollem Umfang.“ Die Regierung bleibt zunächst geschäftsführend im Amt. Sie stand bereits seit längerer Zeit in der Kritik, besonders wegen der Wirtschaftskrise und einer umstrittenen Rentenreform. Seit 2017 gab es immer wieder Proteste der Opposition, die sich vor allem gegen Medwedew richteten. Der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny hatte ihm massive Korruption vorgeworfen.

Putin schlug in seiner Rede zur Lage der Nation vor, die Verfassung so zu ändern, dass die Staatsduma, also das Parlament, künftig den Regierungschef und auch die einzelnen Minister bestimmen kann. Der Staatspräsident soll den vom Parlament gewählten Ministerpräsidenten nicht ablehnen dürfen. Das Land solle aber eine „starke Präsidialrepublik“ bleiben, betonte Putin. Den Staatsrat, in dem vor allem Gouverneure vertreten sind, will er in der Verfassung verankern. Die Gouverneure sollen zudem künftig mehr Kompetenzen erhalten.

Putin darf nicht noch einmal antreten

Die Pläne des Präsidenten deuten darauf hin, dass es ihm um seinem eigene Zukunft gehen könnte: Die Amtszeit des heute 67-Jährigen, der das Land bereits seit zwei Jahrzehnten führt, endet offiziell 2024. Gemäß der russischen Verfassung darf er nicht ein weiteres Mal für das höchste Staatsamt kandidieren.

In Moskau wird nun spekuliert, dass Putin den Ablauf seiner Amtszeit nicht abwarten, sondern bereits vorher seine bislang unangefochtene Machtposition sichern will – an welcher Stelle, ist allerdings noch unklar.

Putin kündigte am Mittwoch auch an, die Bürger dürften über die Verfassungsänderungen abstimmen. Allerdings soll die Reform bereits bis zum Sommer verabschiedet werden, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete. Eine Zustimmung der Duma gilt als sicher, weil die Kremlpartei Einiges Russland im Parlament eine Zwei-Drittel- Mehrheit hat und es dort keine echte Opposition gibt.

Claudia von Salzen, Frank Herold

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