Russland: Putin warnt USA vor Atomraketen-Stationierung in Europa
Der russische Präsident Wladimir Putin droht, die USA direkt ins Visier zu nehmen. Gleichzeitig plädiert er für bessere Beziehungen zur EU.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat die USA eindringlich vor der Stationierung atomarer Kurz- oder Mittelstreckenraketen in Europa gewarnt. Sollte dies geschehen, werde Russland nicht nur die Länder ins Visier nehmen, in denen solche Waffen aufgestellt würden, sondern auch die USA direkt, drohte Putin am Mittwoch in seiner Jahresansprache vor dem Parlament in Moskau.
In den USA seien einige Politiker davon besessen, dass ihr Land eine besonders herausragende Rolle spiele. "Natürlich dürfen sie denken, was auch immer sie wollen. Aber können sie zählen? Ich bin mir sicher, dass sie das können. Lasst sie die Geschwindigkeit und die Reichweite der Waffensysteme zählen, die wir entwickeln. Mehr verlangen wir gar nicht." Russland sei auf keine Konfrontation aus, sei aber bereit, entschlossen zu reagieren.
Von der politischen Elite im Saal erntete Putin viel Applaus. Es waren seine bislang schärfsten Äußerungen im Zusammenhang mit der Abkehr vom INF-Abrüstungsvertrag vor drei Wochen. US-Präsident Donald Trump hatte das Abkommen aus dem Kalten Krieg, das den Verzicht auf landgestützte atomare Mittelstreckenraketen vorschreibt, ausgesetzt. Putin zog kurz darauf nach.
Das schürte Sorgen vor einem neuen Rüstungswettlauf in Europa. Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, den INF-Vertrag zu verletzen. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin rief Russland auf, sich an den INF-Vertrag zu halten. "Abrüstung ist eigentlich das Gebot der Stunde."
Putin sagte, sein Land werde als Reaktion auf die Aussetzung des INF-Vertrags nicht vorpreschen und als erstes Raketen stationieren. Sollten die USA jedoch solche Maßnahmen ergreifen wollen, müssten sie vorher die Risiken abwägen. "Russland wird gezwungen sein, Waffentypen zu schaffen und aufzustellen, die nicht nur mit Blick auf die Territorien eingesetzt werden können, von denen eine direkte Bedrohung gegen uns ausgeht, sondern auch mit Blick auf die Territorien, in denen sich die Entscheidungszentren befinden."
Russland wolle gute Beziehungen zu den USA, sei aber notfalls auch bereit, sich selbst zu verteidigen. "Wir wissen, wie das geht, und wir werden diese Pläne sofort umsetzen, sobald entsprechende Bedrohungen gegen uns Realität werden."
Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen sind so angespannt wie lange nicht mehr
Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen sind wegen mehrerer Konflikte so angespannt wie seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die russische Führung am Wochenende auf der Münchener Sicherheitskonferenz als einen Gegner Europas, weil sie mit einer hybriden Kriegsführung versuche, die EU-Länder zu schwächen.
Putin sagte, er hoffe, dass die Europäische Union "echte Schritte unternehmen wird zur Wiederherstellung normaler politischer und wirtschaftlicher Beziehungen zu Russland". Die EU und die USA haben unter anderem wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängt. Putin lehnt eine Rückgabe der Krim ab. In seiner Rede kündigte er an, noch in diesem Jahr werde eine Bahnverbindung über die Brücke zur Krim in Betrieb genommen, um das Gebiet "erheblich zu entwickeln". (Reuters)