Katalonien-Krise: Puigdemont sagt Reise nach Madrid ab
Das katalanische Regionalparlament und der spanische Senat stehen vor großen Entscheidungen. Der Chef der katalanischen Regionalregierung hat nun ein Treffen in Madrid platzen lassen.
Der Chef der katalanischen Regionalregierung, Carles Puigdemont, hat eine geplante Erklärung im spanischen Senat zu den Unabhängigkeitsbestrebungen seiner Region kurzfristig abgesagt. Das teilte die Regionalregierung in Barcelona am Mittwoch mit. Er sollte sich dort auch zu den von Madrid geplanten Maßnahmen gegen die katalanische Regionalregierung äußern.
Der spanische Senat hatte Puigdemont zwei Möglichkeiten für eine Erklärung geboten: Am Donnerstag in einem Ausschuss des Senats, der sich mit dem Text für die geplanten Maßnahmen gegen die katalanische Regionalregierung befasst, oder am Freitag bei der Senatssitzung. In beiden Fällen hätte es auch einem direkten Schlagabtausch mit Ministerpräsident Mariano Rajoy kommen können. Die Fronten waren bereits im Vorfeld verhärtet. Rajoy warf Puigdemont vor, keinerlei Dialogbereitschaft zu zeigen.
Am Donnerstagvormittag wird Puigdemont nun an der Sitzung des katalanischen Parlaments teilnehmen. Es sollte ursprünglich um 10.00 Uhr zusammentreten, nach Berichten der Zeitungen „El Pais“ und „La Vanguardia„ wurde die Sitzung nun aber auf 16.00 Uhr verschoben. Offiziell geht es um die geplanten Zwangsmaßnahmen Madrids und deren mögliche Auswirkungen. Doch könnte bei der Sitzung auch die Unabhängigkeit Kataloniens erklärt werden. Eine weitere Option wäre die Einigung auf Neuwahlen.
Auch in katalanischer Regierung Rufe nach vorgezogenen Neuwahlen
Auch in der katalanischen Regionalregierung gibt es offenbar Rufe nach vorgezogenen Neuwahlen. Bei einer Kabinettssitzung am Dienstagabend in Barcelona sei diese Forderung laut geworden, hieß es am Mittwoch aus dem Umfeld von Regionalpräsident Carles Puigdemont. Mehrere Mitglieder der Regierung hätten dies als Möglichkeit bezeichnet, um die von der Zentralregierung in Madrid im Streit um die Unabhängigkeit angekündigten Zwangsmaßnahmen zu vermeiden.
Der spanische Senat befasst sich am Freitag mit der Forderung von Ministerpräsident Mariano Rajoy, die Regionalregierung Kataloniens zu entmachten. Dazu hatte Rajoy die Absetzung Puigdemonts und seiner Minister gefordert. Zudem sollten binnen sechs Monaten Neuwahlen stattfinden. Eine Zustimmung zu Rajoys Forderungen gilt als gewiss, da seine konservative Volkspartei PP im Senat die Mehrheit hat.
Rajoy bekräftigte am Mittwoch im Parlament in Madrid, seine Entscheidung sei "die einzig mögliche Antwort" auf die Unabhängigkeitsbestrebungen Puigdemonts gewesen. Zuvor hatte ihm ein katalanischer Abgeordneter vorgeworfen, auf "Repression" statt auf Dialog zu setzen.
Puigdemont hatte mehrfach eine internationale Vermittlung in dem Streit mit Madrid gefordert, dies lehnt Rajoy jedoch strikt ab. Der Regionalpräsident sieht sich durch das katalanische Referendum vom 1. Oktober bestätigt, in dem 90 Prozent der Teilnehmer für eine Unabhängigkeit von Spanien gestimmt hatten. Allerdings nahmen nur 43 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung teil.
Das spanische Verfassungsgericht hatte das Referendum im Vorfeld für illegal erklärt. Die Krise um die wohlhabende Region im Nordosten Spaniens hält seit Wochen ganz Europa in Atem. (AFP)