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Protestbanner und die Flagge der katalanischen Separatisten am 30.09.2017 im Innenhof der Universität von Barcelona.
© Reuters

Vor Referendum in Katalonien: Proteste in ganz Spanien

Vor dem umstrittenen Referendum über Kataloniens Unabhängigkeit zeigt die spanische Polizei Härte. Der Grünen-Chef Cem Özdemir hält das für "politisch unklug".

Vor dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien haben spanische Polizisten viele der 2315 Schulen abgeriegelt, die als Wahllokale dienen sollen. Die Zentralregierung in Madrid schickte Tausende Beamte in die Region, um das vom Verfassungsgericht als illegal eingestufte Votum diesen Sonntag zu verhindern. Örtliche Polizisten verweigern sich Madrid, katalanische Familien haben zudem fast 170 Schulen besetzt.

Die spanische Zeitung "El País" berichtet, dass die Besetzungen weitgehend friedlich ablaufen würden. Allerdings seien in Manlleu in der Provinz Barcelona drei Personen durch kleinkalibrige Geschosse leicht verletzt worden. Die genauen Umstände seien jedoch bislang unklar. Zudem kontrolliere die Polizei mittlerweile das Informatik-Wahlzentrum, um den Datenaustausch während des Referendums zu behindern. Wie der Vertreter der spanischen Regierung für Katalonien, Enric Millo, sagte, hätten die Polizisten die elektronischen Verbindungen zu den Wahllokalen gekappt. Eine Wahl im Internet sei damit nicht mehr möglich.

Gegner und Unterstützer protestieren in weiten Teilen Spaniens

Am Samstag gingen in ganz Spanien Gegner und Unterstützer der Separatisten auf die Straße. In Madrid sammelten sich Hunderte von Menschen vor dem Rathaus der spanischen Hauptstadt, um gegen die Abstimmung zu protestieren. Die Demonstranten forderten, dass der separatistische katalanische Regierungschef Carles Puigdemont festgenommen wird. Sie skandierten unter anderem: „Separatisten, Terroristen!“ und „Viva España!“. Zum Protest vor dem Rathaus rief die rechtskonservative „Stiftung zum Schutz der Spanischen Nation“ (DENAES) auf. 

Allein in Madrid sollte es am Samstag insgesamt drei Kundgebungen zur Unterstützung des Referendums und des "Rechts auf Selbstbestimmung", sowie drei gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien geben. Weitere Kundgebungen für oder gegen das Referendum gab es unter anderem auch auf Mallorca, in Lleida, Santander und Alicante. In der Autonomen Gemeinschaft Galicien, wo es auch eine mächtige Unabhängigkeitsbewegung gibt, brachten am Samstag in Santiago de Compostela mehr als 3000 Menschen ihre Unterstützung für die Separatisten zum Ausdruck.

Puigdemont will im Konflikt vermitteln

Derweil geht der Machtpoker mit der spanischen Zentralregierung weiter. Der katalonische Regionalpräsident Carles Puigdemont sprach sich am Samstag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP für eine "Vermittlung" in dem Konflikt aus - wie auch immer der von Spanien verbotene Volksentscheid ausgehe. Der Politiker kündigte zugleich an, dass er und seine Unterstützer am Sonntag abstimmen.

"Wir werden nicht auf unsere Rechte verzichten", sagte Puigdemont in dem AFP-Gespräch. Seine Regierung habe alles vorbereitet, damit die Abstimmung "normal" verlaufen könne. Die Bürger in Katalonien rief der Regionalpräsident zur Gewaltlosigkeit auf.

Grünen-Chef Cem Özdemir am Samstag beim Länderrat seiner Partei in Berlin.
Grünen-Chef Cem Özdemir am Samstag beim Länderrat seiner Partei in Berlin.
© Britta Pedersen/dpa

Cem Özdemir: EU soll in Spanien vermitteln

Grünen-Bundesvorsitzender Cem Özdemir, nach den Berliner Koalitionsverhandlungen womöglich Außenminister, sagte dem Tagesspiegel: „Die Rechtsstaatlichkeit gilt auch in Spanien, daher sollte das Urteil des spanischen Verfassungsgerichts akzeptiert werden. Es ist angesichts der aufgeheizten Lage aber politisch unklug, das Urteil jetzt mit aller Härte umzusetzen, so wie es die Regierung in Madrid derzeit macht. Die Eskalation in Katalonien betrifft zudem längst nicht nur Spanien – eine stabiles Spanien ist im Interesse der gesamten Europäischen Union. Die EU-Kommission sollte sich dringend als Vermittler anbieten.“

Die Separatisten wollen EU-Vermittlung, Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy lehnt dies bislang ab. Als Chef der europäischen Linksparteien hatte sich Gregor Gysi gegen die Razzien durch Bundespolizisten in Barcelona ausgesprochen.

(mit dpa, AFP)

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